Fechten Die Gastgeber gingen erstmals leer aus

Dormagen · Italiener und Russinnen waren im Finale des Junioren-Weltcupturniers um den "Preis der Chemiestadt" unter sich. Beim TSV Bayer Dormagen herrschte "Ernüchterung": Rang 17 für Eduard Gert war die beste Platzierung für die Gastgeber,

 So sehen Sieger aus: Der Italiener Francesco D'Armiento und die Russin Tatiana Sukhova setzten sich beim 39. "Preis der Chemiestadt" durch.

So sehen Sieger aus: Der Italiener Francesco D'Armiento und die Russin Tatiana Sukhova setzten sich beim 39. "Preis der Chemiestadt" durch.

Foto: H. Zaunbrecher

Olaf Kawald spülte die Enttäuschung erst einmal mit einem Kölsch hinunter. "Das ist schon ernüchternd", stellte der Fechtkoordinator des TSV Bayer Dormagen zwölf Stunden nach Beginn des 39. Junioren-Weltcupturniers der Säbelfechter um den "Großen Preis der Chemiestadt" ohne Wenn und Aber fest.

 Tatiana Sukhova.

Tatiana Sukhova.

Foto: Heinz Zaunbrecher

Gerade waren auf der großen Planche am Kopfende des TSV-Bayer-Sportcenters die Finalgefechte bei Junioren und Juniorinnen zu Ende gegangen. Und so sehr sich die beiden Olympiafechter Nicolas Limbach und Benedikt Wagner bei ihrer Moderation auch bemühten — große Stimmung war auf den gut gefüllten Rängen nicht aufgekommen.

 Und so nachdenkliche Verlierer: Säbel-Bundestrainer Vilmos Szabo und Eduard Gert, auf Rang 17 bester Deutscher, analysieren das schwache Abschneiden der Gastgeber.

Und so nachdenkliche Verlierer: Säbel-Bundestrainer Vilmos Szabo und Eduard Gert, auf Rang 17 bester Deutscher, analysieren das schwache Abschneiden der Gastgeber.

Foto: Heinz Zaunbrecher

Denn in den Finalgefechten waren zwei Nationen unter sich: Die Italiener bei den Herren, Russland bei den Damen. Dass am Ende Francesco D'Armiento (19), der Führende in der Junioren-Weltrangliste, seinen ein Jahr jüngeren Landsmann Iacopo Rinaldi mit 15:11 bezwang, nachdem er zur "Halbzeit" noch mit 5:8 im Hintertreffen gelegen hatte, brachte nur die kleine, aber lautstarke italienische Delegation unter den 30 teilnehmenden Nationen in Wallung.

Und bei den Damen, wo das Gefecht zwischen Tatiana Sukhova (19) und Evgenia Karbolina (19) einen ähnlichen Verlauf mit dem glücklicheren Ende (15:14) für Sukhova nahm, blieben die großen Emotionen sogar auf der Planche aus: "So kann man sich auch freuen", kommentierte Nico Limbach die stoische Ruhe, mit der die hübsche Russin ihren Triumph quittierte.

Die Deutschen hatten zu diesem Zeitpunkt Waffen und Fechtanzüge längst in ihren Sporttaschen verstaut. Platz 15 für die erst 17 Jahre alte Eislingerin Ann-Sophie Kindler, deren älterer Bruder Maximilian vor zwei Jahren Rang zwei belegt hatte, und Platz 17 durch den ebenfalls 17-jährigen Dormagener Eduard Gert waren die beste Ausbeute für die im vergangenen Jahrzehnt so erfolgsverwöhnten Säbelspezialisten des Deutschen Fechterbundes, die seit dem dritten Rang von Franz Boghicev (TSV Bayer Dormagen) im Jahre 2001 nur zwei Mal (2005 und 2008) keinen Nachwuchsfechter aufs Podium brachten. Bei den erst seit sieben Jahren zum Programm gehörenden Juniorinnen waren deutsche Fechterinnen immerhin vier Mal unter den ersten Drei vertreten.

Dass diesmal nicht eine(r) den Sprung unter die besten Acht schaffte, stimmte Olaf Kawald nachdenklich: "Wann das zum letzten Mal der Fall war, da muss ich in den Unterlagen nachschauen", sagte der seit 1995 am Dormagener Höhenberg tätige Trainer. Und das Abschneiden der eigenen Athleten, von denen Tom Möller sogar ins Krankenhaus musste, weil ihm eine Säbelklinge in die Hand eingedrungen war, und von denen neben Eduart Gert auch Benno Schneider (21.), Domenik Koch (29.) und der Tauberbischofsheimer Andreas Falb (26.) in der Runde der besten 32 die Segel streichen mussten, will er in dieser Woche gemeinsam mit seinen Trainerkollegen Vilmos Szabo und Dan Costache "gründlich analysieren: So schlecht, wie sie sich heute präsentiert haben, sind die Jungs nämlich nicht."

Dass die Dormagener Erfolgsstory in Sachen Säbelfechten sich deshalb dem Ende zuneigt, glaubt Kawald nicht. Wohl aber weiß er, "dass wir inzwischen an unsere Grenzen stoßen". Und das in zweierlei Hinsicht: "Wir haben einen Mangel an qualifizierten Fechttrainern", sagt Kawald und macht das an der schlechten Bezahlung der Übungsleiter fest: "Die Sportstiftung NRW veranschlagt für eine hauptamtliche Trainerstelle 33 000 Euro pro Jahr. Wer will denn für dieses Geld arbeiten?"Und auch in Sachen Trainingsbedingungen könnte es am Höhenberg trotz der Anerkennung als "Bundesstützpunkt für den Nachwuchs" besser aussehen: "Bei uns trainieren 22 Bundeskaderathleten nur im Säbelbereich, in Tauberbischofsheim 26 in allen Waffengattungen. Denen stehen 56 Fechtbahnen zur Verfügung, wir haben elf", rechnet Kawald vor. Und weil sich das Training "dank" der zeitlichen Ausdehnung des Schulunterrichts immer stärker in die Abendstunden verlagert, reichen die kaum noch aus. Da steht zu befürchten, dass aus der Weltcup-Flaute dieses Jahres ein Dauerzustand wird.

(NGZ)
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