Fußball "Die Zeit war reif, die Reißleine zu ziehen"

Neuss · Der Geschäftsführer des Fußball-Oberligisten VdS Nievenheim nimmt Stellung zur Trennung von Trainer Marko Niestroj.

 Die Uhr ist abgelaufen: Elf Monate nach dem umjubelten Aufstieg in die Oberliga hat sich der VdS Nievenheim von Trainer Marko Niestroj getrennt. Geschäftsführer Rainer Kottirre kündigt weitere Veränderungen an.

Die Uhr ist abgelaufen: Elf Monate nach dem umjubelten Aufstieg in die Oberliga hat sich der VdS Nievenheim von Trainer Marko Niestroj getrennt. Geschäftsführer Rainer Kottirre kündigt weitere Veränderungen an.

Foto: Tinter, Salzburg, Jazyk

Nievenheim Am Sonntag beim 0:4 gegen den Wuppertaler SV im Stadion am Zoo saß Marko Niestroj noch auf der Trainerbank des Fußball-Oberligisten VdS Nievenheim. Doch noch am gleichen Abend trennte sich der Verein von dem 39-Jährigen, der die Mannschaft nur elf Monate zuvor zum Meistertitel in der Landesliga geführt hatte. Die NGZ sprach darüber mit Geschäftsführer Rainer Kottirre und wie es in Nievenheim nach dem kaum mehr zu verhindernden Abstieg weitergeht.

Fußball: "Die Zeit war reif, die Reißleine zu ziehen"
Foto: Jazyk, Hans (jaz)

Herr Kottirre, in der vergangenen Woche hieß es noch, der VdS wolle die Saison mit Marko Niestroj auf jeden Fall zu Ende spielen. Jetzt der plötzliche Meinungsumschwung. Was ist passiert?

Fußball: "Die Zeit war reif, die Reißleine zu ziehen"
Foto: RED

Rainer Kottirre Erst mal möchten wir uns sehr, sehr bei Marko für seine Arbeit bedanken. Und ich bitte Sie, mir das zu glauben, das meine ich wirklich ehrlich. Aber nach bis zum Spiel in Wuppertal zehn Rückrunden-Niederlagen war es einfach an der Zeit, die Reißleine zu ziehen. Kein Oberliga-Verein hätte elf sieglose Spiele in Folge akzeptiert. Wir wollten Marko das Wuppertal-Spiel, dieses Ereignis, einfach nicht nehmen. Letztlich wollten wir aber auch sein Werk, also das, was Marko hier in den letzten knapp zwei Jahren aufgebaut hat, nicht zerstören.

Aber der Abstieg ist doch eh so gut wie besiegelt. Die sechs noch ausstehenden Partien hätten Sie doch auch mit Ihrem Aufstiegscoach durchziehen können, zumal der ja am Saisonende ohnehin aus beruflichen Gründen ausgeschieden wäre.

Kottirre Nievenheim ist zwar so etwas wie eine heile Welt, aber wir wollten uns auch nicht nachsagen lassen, dass wir die Dinge schleifen lassen. Auch wir können uns nicht gänzlich aus dem System ausklinken. So ist das halt. Bei einer Trainerentlassung gibt es keinen Gewinner.

Wie geht es jetzt weiter? Thomas Bahr steht Gewehr bei Fuß, oder?

Kottirre Wir werden mit Thomas Bahr, der die Mannschaft ja ohnehin zur neuen Saison übernommen hätte, in die letzten sechs Spiele gehen. Das gibt ihm die Möglichkeit, sein Team schon jetzt kennenzulernen.

Es gibt außerdem Gerüchte, der halbe Fußball-Vorstand habe die Nase voll und würde die Brocken hinschmeißen. Ist da was dran?

Kottirre Lächerlich. Egal, ob Vorsitzender Wolfgang Schmitz, Kassierer Werner Völkel oder ich, hier redet keinen vom Aufhören. Die meisten Entscheider bleiben - wir sind schließlich gewählt und haben in unseren Ämtern schon so manchen Sturm überstanden. Richtig ist aber, dass wir uns nach dem Abstieg so ein bisschen neu erfinden wollen.

Das heißt konkret?

Kottirre Die Oberliga war eine Wahnsinngeschichte, aber wir sind als Verein auch an unsere Grenzen gekommen. Wir haben kein Geld, das wissen Sie. Unser neues Konzept sieht daher vor, mehr auf die eigene Jugend zu bauen. Und das mit Trainern, die dieses Konzept mittragen wollen. So wird Sinan Muslu Co-Trainer von Thomas Bahr. Er war bislang für unsere A-Jugend verantwortlich und steht für die geplante Durchlässigkeit von erster, zweiter und dritter Mannschaft bis zu den A- und B-Junioren. Während andere Vereine ihre A-Jugend abmelden, haben wir nächstes Jahr in dieser Altersklasse gleich zwei Mannschaften. Davon wollen wir eine so stark machen, dass sie vielleicht sogar ans Tor zur Niederrheinliga klopft. Es ist darum geplant, Jugendleiter Georg Funck noch mehr in die Verantwortung zu nehmen. Auf Dauer ist das für den VdS Nievenheim der einzig sinnvolle Weg.

Droht also nach dem Abstieg der Oberliga-Truppe der große Exodus?

Kottirre Nein. Die meisten Spieler bleiben, und die, die uns verlassen, werden wir ganz sicher adäquat ersetzen können. Unser Ziel ist, dies in Zukunft mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs zu tun. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir in der nächsten Saison in der Landesliga eine gute Rolle spielen werden. Wir werden auf jeden Fall auch weiterhin zu den Aushängeschildern des Fußballkreises Grevenbroich/Neuss gehören.

Aber von der Oberliga haben Sie wahrscheinlich erst einmal die Nase voll, oder?

Kottirre Mal abwarten ... Uns steht jetzt eine Menge Arbeit bevor. Der Verein der Sportfreunde wurde 1920 gegründet - vielleicht können wir ja zu unserem '100-Jährigen' wieder Richtung Oberliga gehen.

DIRK SITTERLE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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