Lokalsport Doppel stürzen Neuss ins Tal der Tränen

Neuss · Teamchef Marius Zay hatte für die gestrige Partie gegen Kurhaus Aachen seine bisher stärkste Formation aus dem Hut gezaubert. Doch nach der erneuten 2:4-Niederlage wird für Blau-Weiss die Lage im Abstiegskampf immer bedrohlicher.

 Da war die Neusser Tenniswelt noch in Ordnung: BW-Chef Abraam Savvidis und Teamchef Marius Zay (r.) gratulieren Hans Podlipnik-Castillo zu seinem Sieg.

Da war die Neusser Tenniswelt noch in Ordnung: BW-Chef Abraam Savvidis und Teamchef Marius Zay (r.) gratulieren Hans Podlipnik-Castillo zu seinem Sieg.

Foto: Woitschützke Andreas

Marius Zay hat hoch gepokert - doch weil seine Asse in den Doppeln nicht stachen, am Ende alles verloren. Nach der gestrigen 2:4-Niederlage gegen TK Kurhaus Aachen wird die die Lage im Abstiegskampf der Tennis-Bundesliga immer bedrohlicher für den TC Blau-Weiss Neuss. Schon eine Niederlage am Freitag bei den gleichfalls noch sieglosen Kölner Rot-Weißen könnte den dritten Abstieg der ruhmreichen Vereinsgeschichte besiegeln.

Vielleicht hätte der Teamchef in den Doppeln einem seiner Kumpel aus der Tennisschule "Ewige Liebe" vertrauen sollen. Die können vielleicht nicht so gut mit dem Schläger umgehen wie das von Zay am Samstag noch im Eilverfahren verpflichtete Quartett Nikoloz Basilashvili, Adrian Ungur, Jürgen Zopp und Hans Podlipnik-Castillo, wissen aber zumindest, um was es für den Immer-Noch-Rekordmeister in dieser Bundesliga-Saison geht.

 Sein Kraftakt reichte dem TC Blau-Weiss Neuss nicht zum Erfolg: Nikoloz Basilashvili hatte sich am Samstagabend nach dem verlorenen Finale in Kitzbühel im Wagen seines Trainers auf den Weg nach Neuss gemacht. Zwar gewann der Georgier das Spitzeneinzel, doch den Gesamtsieg feierten die Gäste aus Aachen.

Sein Kraftakt reichte dem TC Blau-Weiss Neuss nicht zum Erfolg: Nikoloz Basilashvili hatte sich am Samstagabend nach dem verlorenen Finale in Kitzbühel im Wagen seines Trainers auf den Weg nach Neuss gemacht. Zwar gewann der Georgier das Spitzeneinzel, doch den Gesamtsieg feierten die Gäste aus Aachen.

Foto: -woi

Diesen Eindruck vermittelte das nominell stärkste Aufgebot, das die Neusser aufbieten können, gestern nur bedingt. Vor allem die Art und Weise, wie sie im Champions-Tiebreak beider Schlussdoppel die Möglichkeit auf zumindest einen Zähler leichtfertig verspielten, wirft die Frage auf, ob das die richtigen Leute für einen bedingungslosen Abstiegsfight sind. Die Aachener, die bei einer Niederlage, ja selbst bei einem Unentschieden ihre Chance auf den sechsten Deutschen Meistertitel schon verspielt hätten, wirkten jedenfalls genau den Tick "heißer", den es braucht, um enge Matches zu gewinnen. Vielleicht, weil Matthias Bachinger, Nils Langer und Maximilian Marterer mit ihren Gedanken nicht schon beim nächsten Turnier waren, bei dem sie heute antreten müssen . . .

Auch Marius Zay konnte sich keinen rechten Reim darauf machen, wie man nach einem mit 6:2 gewonnenen zweiten Satz den mühsam erreichten Champions-Tiebreak sang- und klanglos 5:10 abgeben kann (Basilashvili/Ungur gegen Olivo/Langer). Noch kläglicher der Auftritt von Jürgen Zopp, der schon im Einzel gegen Nils Langer nach 2:6, 6:3 einen enttäuschenden Champions-Tiebreak (3:10) hingelegt hatte, und Hans Podlipnik-Castillo gegen Bachinger/Marterer. Denn eigentlich hatten die Neusser vom Spielverlauf her das Momentum auf ihrer Seite, nachdem sie im zweiten Satz aus einem 4:4 (nach 4:3-Führung) ein 6:4 gemacht hatten.

Was folgte, war eher ein Offenbarungseid als ein Entscheidungssatz: Aus einem 0:4 wurde in Windeseile ein 3:10, ohne dass von blau-weisser Seite nennenswerter Widerstand oder ein Aufbäumen zu sehen gewesen wäre. "Du kannst nur auf den Platz gehen, um zu kämpfen", hatte Hans Podlipnik-Castillo, Chilene mit österreichischem Vater, nach seinem mühsamen Einzelsieg über Maximilian Marterer (7:5, 7:6) noch gesagt - doch diese Maxime auf dem Weg in den Champions-Tiebreak offensichtlich vergessen.

Enttäuschend auch die Vorstellung von Adrian Ungur, aus den Vorjahren als vorbildlicher Kämpfer und Teamplayer bekannt: Gegen Matthias Bachinger hatte er beim 5:7, 3:6 zu wenig zuzusetzen, um auch nur in die Nähe einer Siegchance zu geraten. Da verpuffte auch der Kraftakt von Nikoloz Basilahvili mehr oder weniger wirkungslos. Ihre georgische Nummer eins hatten die Neusser am Samstagabend "in ungezählten Telefonaten" (BW-Vorsitzender Abraam Savvidis) bekniet, nach seiner 3:6, 4:6-Niederlage im Finale von Kitzbühel gegen den bei BW Krefeld unter Vertrag stehenden Italiener Paolo Lorenzi tags darauf an der Jahnstraße aufzulaufen. Den angebotenen Flug lehnte Basilashvili dankend ab, setzte sich stattdessen zu seinem Trainer ins Auto - und war nach sieben Stunden in Neuss. Entsprechend müde wirkte der ungemein kräftige und mit einer satten Rückhand ausgestattete Georgier, in der Weltrangliste auf Position 123 geführt, auf dem Platz, biss sich aber gegen Renzo Olivo (ATP 109) zu einem 6:3, 1:6, 10:6-Sieg durch. Biss, der zwei Stunden später im Doppel fehlte - vielleicht auch, weil es für ihn gestern Abend, ebenfalls via Autobahn, noch weiterging nach Prag . . .

Am Freitag in Köln, voraussichtlich gegen Dustin Brown, soll er wieder punkten. Voraussetzung: Er scheidet rechtzeitig aus, er trifft rechtzeitig ein und hat sich bis zum ersten Aufschlag erholt. Alles Fragezeichen, die die Hoffnung auf den Klassenerhalt auf tönerne Füße stellen. "Jetzt wird es ganz eng, vielleicht reichen nicht mal zwei Siege am kommenden Wochenende", stellte ein sichtlich angefressener Marius Zay gestern Abend fest. Dem Abgrund ist Blau-Weiss gestern jedenfalls um einiges näher gerückt

(NGZ)
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