Lokalsport Europäisches Handball-Fest in Neuss

Neuss · Ab heute spielen beim 35. Quirinus-Cup rund 200 Nachwuchs-Mannschaften aus 15 Nationen um einen Platz im Finale.

 Mit harten Bandagen: Wer beim Quirinus-Cup in Neuss ins Finale will, darf nicht zimperlich sein.

Mit harten Bandagen: Wer beim Quirinus-Cup in Neuss ins Finale will, darf nicht zimperlich sein.

Foto: Woi

Sie kommen aus Tschechien, Ungarn, Kroatien, Russland, Slowenien, Moldawien, Polen sowie Bosnien-Herzegowina - und haben nur ein Ziel: den Turniersieg beim 35. Quirinus-Cup des Neusser HV. Und weil für den totalen Erfolg eine gute Vorbereitung unerlässlich ist, sind mehr als die Hälfte der Handballer aus dem Osten Europas schon seit gestern da. Von den rund 200 Mannschaften, die ab heute Abend um einen Platz in der Finalrunde am Pfingstsonntag in der Elmar-Frings-Sporthalle an der Bergheimer Straße (ab 13 Uhr) spielen, stammen 30 aus ehemaligen Ostblock-Staaten.

Für diesen stets reizvollen und in dieser Form nirgends sonst angebotenen Ost-West-Vergleich steht der Quirinus-Cup, an dem in diesem Jahr knapp 2500 Nachwuchshandballer aus 15 Nationen teilnehmen, seit seiner ersten Auflage 1983. Daran hat sich auch nach dem Ausscheiden des kompletten Organisations- und Funktionsteams um Barbara Albrecht-Müller nichts geändert. "Der Quirinus-Cup ist für die Stadt Neuss ein Aushängeschild", stellt Volker Staufert, seit dem vergangenen Jahr Vorsitzender des von den Co-Veranstaltern TSV Norf, TSV Bayer Dormagen, HG Kaarst/Büttgen und dem Förderverein Druschba Neuss/Pskow unterstützten Neusser HV, klar: "Vom Grundsatz ist das Turnier in seiner jetzigen Form eine Marke, die wir auch weiterhin hochhalten wollten." Als Blaupause dient dabei zunächst einmal der in Jahren harter Arbeit erstellte Ablaufplan. Noch unverzichtbar sind für Staufert "alte Haudegen" wie Wolfgang Spangenberger oder der nach kurzer Auszeit zurückgekehrte Jochen Kallenberg. Um jedoch für die Zukunft besser gewappnet zu sein, hat der Verein die Kölner Agentur "Heimspiele" damit beauftragt, aus den in der Praxis gesammelten "Erfahrungen ein Erkenntnispapier zu entwickeln, "das man Dritten in die Hand drücken kann", erklärt Staufert. Schärfere Strukturen sollen neu hinzukommenden Ehrenamtlern den Einstieg in die Materie erleichtern. Staufert: "Dann weiß jeder, was er zu tun hat und was von ihm erwartet wird."

Ohne ein hohes Maß an Flexibilität geht es indes in keinem Fall. So hat der wieder für die Erstellung der umfangreichen Spielpläne zuständige Kallenberg diesmal satte 200 Teams zu versorgen. Eine Aufgabe, die noch dadurch kolossal erschwert wird, dass der NHV jedem Gast mindestens vier Einsätze garantiert. Da die ersten Anfragen bereits im Herbst eingehen - auf jegliche Werbung kann der Verein seit Jahren getrost verzichten -, ist die Kapazität mitunter schon erreicht, wenn die Hochkaräter anklopfen. "Aber will der Königlich-Belgische Handballverband mit seiner weiblichen A-Jugend zu uns kommen, sagst du dem ja nicht ab", so Kallenberg. Der 67-Jährige ruht in sich selbst, mag sich von höchst gelegentlichen Wutausbrüchen aber keineswegs freisprechen: "Wirft dir eine Absage, manchmal aus dem eigenen Verein, den kompletten Spielplan durcheinander, platzt mir auch mal der Kragen." Geschenkt.

Per E-Mail steht er in ständigem Kontakt mit seinen Kollegen in den Vereinen. "Das ist viel verlässlicher als früher", findet Kallenberg, dem freilich nicht erspart bleibt, "auch mal meine Englischkenntnisse zusammenzukratzen." Als äußerst hilfreich erweisen sich dabei natürlich die in vielen Amtsjahren aufgebauten persönlichen Kontakte. So hat Richard Reinholz, Co-Trainer des einst beim TSV Bayer Dormagen tätigen Petre Ivanescu, die rumänische B-Jugend-Nationalmannschaft nach Neuss geholt, auch die Zusage der männlichen A-Jugend der Sportschule Chisinau in Moldawien fußt auf seiner Initiative. Im vergangenen Jahr hatte die Truppe um den zum besten Spieler des Turniers gekürten Valentin Ivancenco in Neuss das Finale erreicht. Den deutlichen 17:8-Erfolg über den Neusser HV erlebte Cheftrainer Jurie Popsa allerdings nicht in der Halle. Im Vorfeld des Cups und in der Vorrunde hatte sich der Heißsporn an der Seitenlinie derartig erregt, dass ihm im Lukaskrankenhaus als Stütze fürs gestresste Herz zwei Stents eingesetzt werden mussten. Ihr Comeback in Neuss geben die Handballer aus der Partnerstadt Pskow. Auch in diesem Fall kann der NHV auf Fachkompetenz vor Ort zurückgreifen. Der Neusser Harald Beschoten, der im "Verein zur Förderung der Städtepartnerschaft Neuss-Pskow" seine Liebe zu Russland entdeckt hatte, lebt und arbeitet in der 290 Kilometer südwestlich von Sankt Petersburg gelegenen Großstadt mit mehr als 200.000 Einwohnern. Neben Teams aus dem partnerschaftlich mit Grevenbroich verbundenen Celje (Slowenien) sind in Rijeka (Kroatien) und Châlons-en-Champagne (Frankreich) noch zwei weitere Neusser Städtepartner zu Gast am Rhein. Am Rande des Turniers dürfte der in Neuss tätige Spordezernent Matthias Welpmann sogar seinen in Rijeka wirkenden Amtskollegen Renato Kostovic treffen. Übrigens: Die frühe Anreise der Sportler aus dem Osten Europas stellt die Cup-Organisatoren vor eine echte Mammutaufgabe. Auf einen Schlag müssen in der Realschule Holzheim nämlich an die 500 hungrige Handballer versorgt werden. Mahlzeit!

(NGZ)
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