Kanu Europameisterin grüßt aus Schweden
Neuss · Die Wildwasser-Slalomkanutin des WSC Bayer Dormagen findet nach stressigen Wochen Entspannung im Interrail-Urlaub.
Dormagen Kurt Wallander, Kriminalkommissar des schwedischen Schriftstellers Henning Mankell, ermittelt im südschwedischen Ystad. Den introvertierten Fernsehstar hat Anna Faber indes verpasst. Ohnehin wandele sie in Skandinavien eher auf den Spuren einer hierzulande vor allem als Pippi bekannten "Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf", witzelt ihre Mutter Elsbeth Faber. So viel Spaß muss einfach sein.
Die 18 Jahre alte Kanutin des WSC Bayer Dormagen hat sich ihren Interrail-Urlaub mit Freunden wirklich verdient. Denn der Weg zum Titel bei den nahe Skopje in Mazedonien ausgetragenen Junioren-Europameisterschaften erwies sich als lang und steinig. "Fast zwei Monate war ich nur unterwegs", erinnert sich die Dormagenerin. Dies führte schließlich sogar dazu, dass sie selbst in den heimischen vier Wänden fremdelte. "Ich habe mich irgendwie gar nicht mehr zu Hause gefühlt." So ganz nebenbei managte sie noch ihr Abitur am Bettina-von-Arnim-Gymnasium in Dormagen. Eine Leistung, die wahrscheinlich um einiges höher zu bewerten ist als der WM-Titel der luxusbetreuten Fußball-Profis in Brasilien ...
Für die Leser der Neuß-Grevenbroicher Zeitung war der Fall darum sonnenklar - sie wählten die Kajakfahrerin zur "Sportlerin des Monats Juli". Die freudige Nachricht erreichte die zurückhaltende Gewinnerin im am Ostufer des Vättern gelegenen Städtchens Motala, eine der letzten Stationen auf ihrer ausgedehnten Zugreise durch Europa. Direkt nach dem EM-Coup Anfang Juli hatte sich Anna Faber gemeinsam mit ihren Vereinskollegen Tobias Horn und Fabian Becker sowie Marlena Bodewein (KC Hilden) auf große Tour begeben. Über Wien, Budapest, Venedig, Mailand und Straßburg ging es mit einem kurzen Boxen-Stopp daheim zunächst nach Hamburg, dann nach Kopenhagen und schließlich nach Schweden, wo der Trip am Dienstag in Stockholm endet. Dass dem Quartett dabei eines der beiden Zelte abhanden kam, hat die Europameisterin als normalen Schwund abgehakt. "Nur wenn es regnet, ist es zu viert etwas eng", sagt sie schmunzelnd.
Schon bald jedoch steht der bislang größte Einschnitt in ihren Leben an. Weil sich Sport und Studium (Global Business Management) nur in Augsburg optimal verbinden lassen, steht demnächst der Umzug in den Süden der Republik an. "Noch ein Monat, dann wohne ich nicht mehr zu Hause", spricht sie das eigentlich Undenkbare ganz leise aus: "Ich verabschiede mich von meinen Eltern, meinen Freunden und meiner Heimatstadt. Wirklich ein sehr komisches Gefühl. Aber ich freue mich auch - es ist auf jeden Fall das Richtige für mich!"
Immerhin: Dem WSC Bayer Dormagen will sie treu bleiben. Dazu trifft sie in Mira Louen (KC Hilden) ihre inzwischen am Olympiastützpunkt in Augsburg für die U23-Nationalmannschaft zuständige langjährige Trainerin wieder. Auch ein Appartement, das sie sich mit der niederländischen Kanutin Claudia Leenders teilt, ist bereits gefunden. Und schließlich hat ihr ältester Bruder Jan (27) an der Uni Augsburg gerade sein Maschinenbaustudium beendet und forscht dort zukünftig am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Ein Umzug der "Restfamilie" sei allerdings nicht geplant, versichert Elsbeth Faber, schlägt aber lachend vor: "Wir könnten ja unseren Wohnwagen nach Augsburg stellen."
