Sportgeschichten (94) Fachfrau hat das richtige Händchen

Neuss · Nicole Hebmüller vom Gut Mankartzhof in Kaarst ist im Springsport als eine der wenigen Parcourschefinnen tätig, die es hierzulande gibt.

Kaarst Wer bei Springturnieren am Rand steht und aufmerksam das Geschehen im Parcours beobachtet, der weiß: Es braucht ein gutes Team, um das zu meistern. Die wichtigste Rolle hat der Parcourschef. "Aber der ist nichts ohne sein Team", sagt Nicole Hebmüller. Und sie muss es wissen, denn die Kaarsterin ist eine der wenigen Frauen in Nordrhein-Westfalen, die bis zur schwersten Klasse (S) baut. Seit einigen Jahren mischt sie die "Männerbranche" auf Turnieren auf. Es gibt tatsächlich nur wenige Parcourschefinnen in Deutschland, und von denen baut nur eine Handvoll in der Klasse S oder sogar international.

"Die Aufgaben eines Parcourschefs sind vielfältig", erklärt die Fachfrau, die früher selbst Erfolge im Springsattel feierte und inzwischen den Reitstall Gut Mankartzhof führt. "Die Arbeit geht schon lange vor dem Turnier los. Zum einen entwirft man die Kurse entsprechend der Klasse und des Reglements. Dabei spielen die Bedingungen vor Ort die entscheidende Rolle - der Boden und die Größe des Platzes, die vorhandenen Hindernisse und einiges mehr." Die Pläne werden am Rechner erstellt; am Ende hat der Parcourschef eine genaue Skizze für jedes Springen auf dem Bildschirm. "Da ist viel Fachwissen und Gefühl gefordert" findet Nicole Hebmüller. "Denn so ein Parcours muss Pferde und Reiter je nach Klasse fordern, aber darf nie überfordern. Gleichzeitig soll auch spannender Springsport geboten werden. Es gilt also, immer genau die richtige Mischung zu finden."

Sprich: Der Parcours muss so anspruchsvoll sein, damit es nicht zu viele Nullfehler-Ritte gibt - aber auch nicht so schwierig, dass er nicht fehlerfrei zu reiten wäre. Der Schwierigkeitsgrad hängt aber nicht einfach von der Höhe der Hindernisse ab, sondern auch von ihrer Art, der Linienführung, der Distanzen zwischen den Sprüngen, der Länge, der erlaubten Zeit und der Kombination verschiedener Sprünge. "Je höher die Klasse, desto kniffeliger ist das," sagt die Fachfrau.

Auch bei der Ausschreibung und der Zeiteinteilung ist das Wissen des Parcourschefs schon im Vorfeld gefragt. Beim Turnier geht die Arbeit weiter: Vor jeder Prüfung wird unter seiner Regie der geplante Parcours aufgebaut und dann von den Richtern abgenommen. Auf großen nationalen und internationalen Turnieren hat der Parcourschef mehrere Assistenten. Sie helfen, die ganze Arbeit auf dem Reitplatz zu meistern. "Der Auf- und Abbau zwischen den Prüfungen muss oft sehr schnell gehen", weiß Nicole Hebmüller um die oft herrschende Hektik. "Da muss jeder Handgriff sitzen, das Team bestens zusammenarbeiten und es gilt, alles und alle optimal zu koordinieren."

Kein Wunder, dass die 46-Jährige so schnell nichts aus der Ruhe bringt. Ihre wichtigsten Werkzeuge neben der Parcoursskizze: Ein Maßband und ein Zollstock, um die Höhe und Breite der Hindernisse und die Distanzen dazwischen auf den Zentimeter genau zu bestimmen. Denn Springen bedeutet - neben Kraft, Vermögen und Dynamik - vor allem Präzision. 1999 begann Nicole Hebmüller die mehrstufige Ausbildung zur Parcourschefin, für die diverse Prüfungen in Theorie und Praxis nötig sind. Als Assistentin war sie bereits auf berühmten Turnieren wie in Donaueschingen, dem Salut-Festival in Aachen, den Rheinischen und sogar den Deutschen Meisterschaften dabei. "Es macht mir einfach Spaß, bei jedem Turnier und jeder Prüfung neue Herausforderungen zu meistern. Es gehört technisches Geschick dazu, aber auch genauso viel Gefühl für Reiter und Pferde. Und darüber gleichzeitig Teamfähigkeit, Entscheidungskompetenz und Führungsqualitäten."

Das alles macht den Job des Parcourschefs extrem anspruchsvoll. Für Nicole Hebmüller ist das jedoch kein Druck, sondern jedes Turniers aufs Neue die Gelegenheit zu lernen und noch besser zu werden. "Ich bin schon gespannt, wohin mich dieser Weg führt." Als nächstes führt er sie auf jeden Fall nach Grevenbroich. Bei den Gut Neuhaus Indoors ist sie vom 16. bis 19. März im Einsatz.

(rosz)
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