Lokalsport Furiose Tigers drehen um ein Haar verloren geglaubte Partie

Neuss · Basketball-Zweitligist TG Neuss unterliegt im ersten Play-off-Halbfinale Wolfenbüttel mit 82:88.

 Der harte Kampf unterm Brett: Kita Waller, mit 24 Punkten Topscorer der Partie, setzt sich gegen Wolfenbüttels Leonie Rosemeyer (12) durch.

Der harte Kampf unterm Brett: Kita Waller, mit 24 Punkten Topscorer der Partie, setzt sich gegen Wolfenbüttels Leonie Rosemeyer (12) durch.

Foto: Georg Salzburg

Kurz nach der Schlusssirene einer denkwürdigen Basketball-Partie schnappte sich Karo Tzokov das Leder. Die 16-Jährige visierte von jenseits der Drei-Punkte-Linie den Korb an - und war erst zufrieden, als der dritte Versuch durchs Netz ging. Aktive Frustbewältigung, denn nur wenige Minuten zuvor hätte ihr Wurf das mitreißendsten Comeback in der jungen Geschichte der TG Neuss Tigers krönen können: Zwölf Sekunden vor Schluss des ersten Play-off-Halbfinales verpasste sie aus der Ferndistanz den Treffer zur 85:84-Führung. Das Wolfpack Wolfenbüttel, das zur Pause schon mit 51:31 vornegelegen hatte, zog den Kopf damit doch noch aus der Schlinge und gewann mit 88:82.

Natürlich traf die U18-Nationalspielerin im Trikot der Tigers absolut keine Schuld an der Niederlage. Das Spiel hatte der Zweitliga-Vizemeister im Norden im Grunde bereits vor der Halbzeitpause verloren. In den ersten 20 Minuten hatten es die von allen guten Geistern verlassenen Tigers den Wölfen gestattet, mit eine Feldwurfquote von unglaublichen 63 Prozent (1. Viertel) ins Duell zu starten. Die mit 18:29 und 13:22 abgegebenen ersten beiden Abschnitte ließen eine entsetzte Trainerin zurück. "Das war peinlich, ich habe mich geschämt", sagte Janina Pils, "das war eine Frechheit!" Dabei hätten ihre Schützlinge genau gewusst, was Wolfenbüttel aufs Feld bringen würde. "Wir waren auf alles vorbereitet." Doch zu sehen war das nicht. Ohne dabei auf allzu große Gegenwehr zu stoßen, sorgten Klaudia Grudzien (zwölf Punkte) und Lakevia Boykin (11) schon im ersten Viertel für klare Verhältnisse. Carolin Christen, in erster Linie als exzellente Schützin aus der Distanz bekannt, durfte im zweiten Viertel dreimal unbedrängt abziehen und erzielte acht Punkte. Leistungshemmende Nervosität in für sie als Mitglieder der Tigers noch ungewohnter Play-off-Atmosphäre wollte die Trainerin ihren Mädels, die Wolfenbüttel in der regulären Saison zweimal geschlagen hatten, nicht durchgehen lassen. "So einen Psycho-Mist will ich gar nicht hören. Wir waren einfach schlecht."

Doch die Tigers fingen sich. Zwar gefielen die Gäste nach dem Seitenwechsel vor allem als Team, die gesteigerte Aufmerksamkeit der Neusserinnen in der Defensive machte indes auch ihnen das Leben zunehmend schwer. Mit Ablauf des dritten Durchgangs verkürzten die Gastgeberinnen den Rückstand nach Franziska Worthmanns Korb auf zehn Punkte (51:61/29.), Jana Heinrich hätte die Tigers per Dreier sogar auf 54:61 (30.) heranbringen können. Zunächst blieben die Gäste jedoch stabil, Raelyn Prince schoss ihre Mannschaft zu Beginn des letzten Viertels sogar wieder auf 73:53 (33.) nach vorne.

Als der Rückstand fünf Minuten vor dem Ende immer noch 15 Punkte beträgt (60:75), spielt Janina Pils sogar mal kurz mit dem Gedanken, das Match aufzugeben. Doch dann beginnt die unfassbare Aufholjagd: Ballgewinne von Kita Waller und Karly Roser sorgen für die Initialzündung, zwei Dreier von Karo Tzokov zum 76:84 bringen die Tigers bis 1:14 Minute vor Schluss endgültig auf Schlagdistanz. In der Folge gehen Christen und Prince für Wolfenbüttel sowie Waller für Neuss an der Freiwurflinie leer aus, ehe Waller bei ihrem Korb zum 78:84 (unsportlich) gefoult wird und auch den fälligen Freiwurf zum 79:84 ins Netz setzt. Und die Wildkatzen dürfen noch mal ran. Als nur noch 45 Sekunden zu spielen sind, nagelt Karly Roser den Ball aus 6,75 Metern zum 82:84 in die Reuse. In einer Koproduktion sichern Waller und Roser den Tigers mit noch 33 Sekunden auf der Spieluhr erneut das Angriffsrecht. Waller zieht zum Korb und wird dabei gefoult - der Pfiff bleibt jedoch aus. Doch Neuss hat weiter Ballbesitz. Dass dann Karo Tzokov nicht trifft, nimmt ihr niemand krumm. Den Deckel drauf macht schließlich Klaudia Grudzien mit vier verwandelten Freiwürfen.

Der erste Play-off-Auftritt der TG, für die Waller (24), Worthmann (18), Roser (12) und Heinrich (11) am besten trafen, seit mehr als zwei Jahrzehnten machte den Coach dann doch noch irgendwie stolz, "vor allem die Art und Weise, wie wir am Ende ins Spiel zurückgekommen sind." Doch weil der in einer Halbfinalserie "Best of Three" besonders wertvolle Sieg an das Wolfpack ging, sind die Tigers nun am Zug. Karsamstag in Wolfenbüttel (17 Uhr, Lindenhalle) muss ein Erfolg her, sonst ist die Saison zu Ende.

(NGZ)
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