Rudern Jüngstes Goldkind der Neusser Ruderfamilie

Neuss · Vera Spanke ist die erste "echte" Weltmeisterin in Reihen des Neusser Rudervereins. Trotzdem sind die Fußstapfen ihrer Vorgänger groß.

 Rom 1960: Viktor Hendrix, Manfred Kluth, Gert van Opbergen (v.l.).

Rom 1960: Viktor Hendrix, Manfred Kluth, Gert van Opbergen (v.l.).

Foto: Verein

Als die NGZ-Leser sie im März gemeinsam mit ihrer Zweier-Partnerin Alina Stammen auf Platz zwei der "Sportlerwahl des Jahres" setzten, bewiesen sie einen guten Riecher: Fünf Monate später krönte Vera Spanke ihre bisherige Ruder-Laufbahn mit dem Titelgewinn im Achter bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Hamburg (die NGZ berichtete).

Die 17 Jahre alte, mit ihren 172 Zentimetern für eine Ruderin eher zierliche Schülerin des Marienberg-Gymnasiums ist die erste "echte" Weltmeisterin in der Geschichte des Neusser Rudervereins, auch wenn der zuvor bereits zwei Weltmeister in seinen Reihen hatte: Vater Bernhard Spanke gewann im Zweier mit Harald Franz und Steuermann Joachim Sinzig 1983 den Titel bei den Studenten, Lukas Knittel 1990 im Vierer mit Udo Schroers, Matthias Scheiff (beide Germania Düsseldorf) und Ingo Bargatzky (Essen-Steele) den bei der U23-WM, doch die gehörte damals noch nicht zum offiziellen Meisterschaftsprogramm des Weltruderverbandes.

Trotzdem sind die Fußstapfen groß, in die Vera Spanke tritt, denn Erfolge hatte der am 21. April 1914 im Hotel Neckenig gegründete NRV schon immer aufzuweisen, seit er im Jahre 1927 "auf der Limburger Regatta den ersten Vierersieg im Rennboot erringen" konnte, wie Dr. Adolf Flecken, Vorsitzender von 1926 bis 1937, in der Vereinschronik zum 50-jährigen Bestehen 1964 festhält und daraus schlussfolgert: "Die Grundlagen des Leistungssports für die Zukunft sind gelegt."

 Wiedersehen im Jubiläumsjahr: die Olympiateilnehmerinnen Anne Dickmann, Hiltrud Gürtler (jetzt Döhmen) und Petra Finke (v.l.).

Wiedersehen im Jubiläumsjahr: die Olympiateilnehmerinnen Anne Dickmann, Hiltrud Gürtler (jetzt Döhmen) und Petra Finke (v.l.).

Foto: L. Hammer/Archiv NRV (3)

Da hatten die Neusser die erste große Erfolgsgeschichte bereits hinter sich: Viktor Hendrix und Manfred Kluth hatten sich im Vierer (mit den Düsseldorfern Manfred Uellmann und Günter Schroers) 1959 als Deutsche Meister für die Europameisterschaft in Macon qualifiziert, wo sie sich nur um 0,8 Sekunden der Schweiz geschlagen geben mussten. Trotzdem wurde der Vierer zum Jahresende aufgelöst, "so dass Hendrix und Kluth auch im Olympia-Jahr 1960 wieder allein standen", heißt es in der Chronik. Doch Trainer Gert van Opbergen suchte neue Partner - und mit Georg Niermann und Albrecht Wehselau (beide Hansa Bremen) qualifizierte sich das Duo für die Olympischen Spiele in Rom, blieb dort allerdings als Zweiter des Hoffnungslaufs hängen, nachdem drei Tage vor dem ersten Rennen ihr Vierer im Training auf dem Albaner See nach einer Kollision mit einem Zweier stark beschädigt worden war.

 Im März wählten die Leser Vera Spanke auf Platz zwei der "NGZ-Sportlerwahl des Jahres", darüber freuen sich ihr Vater Bernhard (l.) und NRV-Chef Joachim Goetz.

Im März wählten die Leser Vera Spanke auf Platz zwei der "NGZ-Sportlerwahl des Jahres", darüber freuen sich ihr Vater Bernhard (l.) und NRV-Chef Joachim Goetz.

Foto: Hammer, Linda (lh)

Es sollte bis 1976 dauern, ehe der NRV wieder nach olympischem Edelmetall griff: Hiltrud Gürtler, heute als Dr. Hiltrud Döhmen Zweite Vorsitzende des Vereins, wurde mit dem Deutschland-Achter Fünfte in Montreal, wo Frauenrudern erstmals olympisch war. Vielleicht ein Vorbild für Vera Spanke, denn die damals 19-Jährige schreibt in ihren Erinnerungen: "Beim Anblick unserer Gegnerinnen aus der UdSSR und der DDR kam ich mir mit meinen 72 Kilogramm sehr 'schmächtig' vor. Einige von ihnen wogen ca. 90 Kilogramm ..."

Vier Jahre später wäre der Neusser Ruderverein sogar zweifach bei Olympia vertreten gewesen, denn Petra Finke und Anne Dickmann hatten sich zusammen mit Sabine Reuter und Veronika Walterfang (beide Köln) als Vize-Weltmeisterinnen des Jahres 1978 für die Spiele in Moskau qualifiziert, die dann vom Westen boykottiert wurden. "Frustriert beendete die Mannschaft das Rudertraining und stieg ganz aus dem Rennrudern aus", erinnert sich Anne Dickmann, die freilich schnell wieder Motivation fand und 1984 in Los Angeles Vierte im Doppelvierer wurde - allerdings im Trikot des Kölner Rudervereins.

Olympia blieb Frank Mager zwar verwehrt - 2004 verpasste er die Qualifikation für Athen hauchdünn - mit zwei Vize-Weltmeisterschaften im Leichtgewichts-Vierer (1996 und 1997) und einer im Zweier (2003) hat er jedoch die bislang umfangreichste Medaillensammlung vorzuweisen. Doch im Jubiläumsjahr sind ihm Alexandra Höffgen (zwei Mal Bronze bei der U 23-WM, ein Mal Bronze bei der EM) und Vera Spanke dicht auf der Spur.

(NGZ)
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