Ausstellung an der Universität Duisburg Leiden der Vertreibung

Ausstellung an der Universität Duisburg · Es ist eine bemerkenswerte Tatsache: Eine junge Türkin mit deutschem Pass und eine junge Deutsche aus Russland präsentierten Dienstag Abend eine Ausstellung über die Vertreibung der Deutschen aus Schlesien, Ostpreußen und Pommern. "Wir wissen, dass es sich dabei um ein heikles Thema handelt," sagt Mehtap Özcan im Gespräch mit der Neuß-Grevenbroicher Zeitung. In den Medien sei über diesen Teil der Geschichte wenig berichtet worden.

Ganz im Gegensatz zu anderen Themen aus der Zeit des Dritten Reiches. Auch in der Schule habe sie wenig über das umstrittene Kapitel deutscher Historie zu erfahren. Doch könne die Ausstellung vielleicht dazu beitragen, Defizite auszugleichen.

Von Stalin vertrieben

Beide Studentinnen, neben Özcan auch die Deutsch-Russin Tatjana Bergheim, haben einen "Migrationshintergrund". Die 23 Jahre alte Bergheim ist vor zehn Jahren nach Deutschland gekommen und wohnt seither in Ratingen. Ihre Großeltern wurden als Deutsche während des Zweiten Weltkrieges von Stalin nach Kasachstan unfreiwillig umgesiedelt. In der 70-er Jahren zog die Familie in das südliche Russland um, von wo aus sie nach Deutschland kam.

Özcan ist zwar in Deutschland geboren und hat seit Jahren den deutschen Pass, doch der kulturelle Hintergrund ihrer Familie liegt in der Türkei. Ihre Eltern waren als Gastarbeiter in die Bundesrepublik gekommen. So ist die Beschäftigung den Problemen des Zurechtfindens in einer neuen Umgebung auch ein Stück der Lebensgeschichte der beiden Studentinnen: "Es gibt da schon Parallelen", sagt Bergheim. Auch sie fühle sich in ihrer alten Heimat fremd und in ihrer neuen Heimat noch nicht aufgehoben. "Doch das Leid der Vertriebenen ist etwas anderes."

So etwas haben die beiden jungen Frauen nicht erlebt. Gespräche mit Zeitzeugen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. Während eines Forschungsprojektes an der Universität Duisburg haben die Studentinnen herausgefunden, dass sich zahlreiche Vertriebene in Glehn niederließen. Also machten die beiden sich nach Glehn auf, um die Betroffenen zu interviewen. Hilfe leisteten dabei die Glehner Heimatfreunde, die Kontakte herstellten.

"Wie grausam die Vertreibung war, wissen viele gar nicht", sagt Özcan. Die 27-Jährige zeigte sich teilweise erschüttert: "Manche sind vor uns sogar in Tränen aus gebrochen." Zuweilen hätten sie erstmals nach 60 Jahren über ihre Erlebnisse berichtet. Neben den Berichten der Zeitzeugen sind es vor allem zeitgenössische Photos und Kleidungsstücke, die in der Ausstellung, die im Stadtarchiv zu sehen ist, dargeboten werden.

So zum Beispiel ein Mantel, den ein Flüchtling bei der Flucht trug. Es sind vor allem Objekte aus dem alten Ostdeutschland, darunter auch Folklore, wie schlesische Hauben. Darüber hinaus geht es auch um die Frage, wie die Heimatvertriebenen im Rheinland, in Korschenbroich und in Glehn aufgenommen wurden. Es waren neue Nachbarn, doch es brauchte eine Zeit bis sie heimisch wurden.

Das Lehrforschungsprojekt der Duisburger Universität, das am Beginn der Ausstellung stand, forderte insbesondere eine Berücksichtigung des ländlichen Raumes. So mag es in Glehn durchaus andere Erfahrungen gebenen haben als beispielsweise in Neuss oder Köln. So gesehen ist die Ausstellung ein wertvoller Beitrag zu Erforschung eines teilweise noch brach liegenden Teils der Geschichte. Gr.

(NGZ)
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