Sportpolitik Meisterliches Trio setzt auf gute Ausbildung

Neuss · Aline Focken, Johannes Kay und Maximilian Bettin basteln neben sportlichem Erfolg an ihrer Karriere als Physiotherapeut und Sportlehrerin.

 Ein Erfolgstrio - am Arbeits- und Ausbildungsplatz (oben) und auf sportlichem Parkett: Maximilian-Leon Bettin, Aline Focken und Johannes Kay (oben und unten jeweils von links).

Ein Erfolgstrio - am Arbeits- und Ausbildungsplatz (oben) und auf sportlichem Parkett: Maximilian-Leon Bettin, Aline Focken und Johannes Kay (oben und unten jeweils von links).

Foto: A. Woitschützke/H. Zaunbrecher/dpa/D. Kaiser

Preisfrage: Was haben eine Ringer-Weltmeisterin, ein Weltmeister im Gruppenvoltigieren und ein Junioren-Europameister im Handball gemeinsam? Antwort a): Sie können von ihren sportlichen Erfolgen nicht leben. Antwort b): Sie machen neben ihrem zeitaufwendigen Training eine Ausbildung. Antwort c): Ihnen macht diese Kombination offensichtlich Spaß.

Sportpolitik: Meisterliches Trio setzt auf gute Ausbildung
Foto: Daniel Kaiser

Im Falle von Aline Focken, Johannes Kay und Maximilian-Leon Bettin sind alle drei Antworten richtig. "Nur Handball zu spielen wäre nichts für mich", sagt Maximilian-Leon "Max" Bettin. Gerade zwanzig geworden, ist der 2,02 Meter lange Schlaks im Sommer vom TV Groß-Umstadt zu Zweitliga-Aufsteiger TSV Bayer Dormagen gewechselt. Und das nicht nur der besseren sportlichen Perspektive wegen, "sondern weil der Verein mir auch eine berufliche aufzeigen konnte." Weil es mit der Zulassung zum Medizinstudium (noch) nicht klappte, absolviert der Rückraumspieler jetzt eine Ausbildung zum Physiotherapeuten bei der medicoreha Akademiein Neuss.

Sportpolitik: Meisterliches Trio setzt auf gute Ausbildung
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Was für Max Bettin noch Neuland ist - Semesterbeginn war am 1. Oktober - kennt Johannes Kay schon seit einem Jahr. Eigentlich hatte sich der 19-Jährige schon bei einer Physiotherapieschule in Quedlinburg im Harz eingeschrieben. Doch das hätte das Ende seiner Voltigier-Karriere bedeutet, die ihm bis dahin schon drei Junioren-Europameistertitel beschert hatte. Jessica Schmitz, die Erfolgstrainerin des RSV Grimlinghausen, holte den gebürtigen Flensburger, bisher nur "Gaststarter" im Juniorteam des RSV, nach Neuss. "Weil ich hier Ausbildung und Sport miteinander verbinden kann", sagt Johannes Kay. Bereut hat er den Schritt nicht, im Gegenteil: Mit dem Neusser S-Team wurde er vor fünf Wochen Weltmeister, "und die Ausbildung läuft bisher nach Plan."

Die ist auf drei Jahre angelegt, "ich habe aber auch die Möglichkeit, ein oder zwei Semester dranzuhängen, falls das durch den Sport notwendig wird", sagt Johannes Kay. Denn Turniere und Trainingslager bringen häufig Fehlzeiten mit sich: "Das Gute ist, dass man Klausuren nachschreiben kann, wenn sie sich mit sportlichen Terminen überschneiden." Nicht nur die Ausbilder und Lehrer, auch die Mitschüler -insgesamt studieren 450 an der Akademie - hätten dafür Verständnis.

Das ist auch Aline Focken wichtig. "Die Kollegen müssen schließlich damit leben, dass man öfter nicht da ist", sagt die 24-Jährige. Die Ringer-Weltmeisterin in der Klasse bis 69 Kilogramm fährt derzeit sogar dreigleisig: An der Universität Saarbrücken hat sie den Fernstudiengang "Prävention und Gesundheitssport" belegt, bei der medicoreha sammelt sie gleichzeitig praktische Erfahrungen und Sportlehrerin. Nicht zu vergessen die zehn Trainingseinheiten pro Woche, die sie zwischen ihrem Heimatverein Germania Krefeld und dem Bundesstützpunkt in Dormagen aufteilt. "Geht alles, wenn man sich organisieren kann", sagt Aline Focken - ungemein praktisch, dass sie für ihren WM-Titel ein Auto geschenkt bekam.

Denn in den so genannten "Randsportarten" sind selbst Weltmeister finanziell nicht auf Rosen gebettet. Johannes Kay und Max Bettin sind froh, dass die "Partner für Sport und Bildung" einen Teil ihrer Ausbildungskosten tragen. Weshalb für das Trio auch feststeht, dass sie ihre "duale Karriere" nach Ende der Ausbildung fortsetzen wollen. "Erst mal bis Rio 2016, was danach kommt, weiß ich noch nicht", sagt Aline Focken. Max Bettin hofft in drei Jahren auf einen Studienplatz und darauf, "dass man Medizinstudium und Handball miteinander kombinieren kann - andere haben das auch geschafft." Und Johannes Kay hat sich die Frage nach einem Leben ohne Voltigierpferde überhaupt noch nicht gestellt. Schließlich arbeitet Teamkollegin Janika Derks ebenfalls als Physiotherapeutin - "was bedeutet, dass man auch im Beruf Weltmeister werden kann."

(NGZ)
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