NGZ-Sportlerinnen des Monats September Mit dem WM-Titel hinein in die besten Jahre

Neuss · Bei den Weltmeisterschaften in Orlando/USA holten die beiden Basketballerinnen der TG Neuss für Deutschland Gold in der Altersklasse Ü55.

Neuss Hans Grüninger, um 1532 in Straßburg verstorbener Buchdrucker aus dem Schwabenland, sagte einst: "Ein Mann kommt in die besten Jahre, wenn die guten vorüber sind." Toller Spruch! Philosophische Betrachtungen des Älterwerdens, ganz gleich, welchen Geschlechts, interessieren Angela Krings (56) und Uli Schmidt, die nächstes Jahr schon ihren 60. feiert, freilich nicht die Bohne. Statt sorgenvoll jedes neue Fältchen ins Visier zu nehmen, geben die beiden Basketballerinnen der TG Neuss lieber Vollgas. Dass sie mit Deutschland bei den in Orlando (Florida) ausgetragenen Weltmeisterschaften den Titel in der Altersklasse Ü55 eingebracht haben, finden auch die NGZ-Leser klasse und machten die beiden zu ihren "Sportlern des Monats September".

Natürlich können und wollen die "Goldmädels" vor ihrem Alter nicht davonlaufen. Das funktionierte sowieso nicht, "denn mit meiner Arthrose im Knie darf ich gar nicht mehr laufen, höchstens auf dem heimischen Cross-Trainer", sagt Angela Krings schmunzelnd. Ein Problem hat sie damit nicht. "Ich bin ja noch keine 100 ..." Auch Uli Schmidt spielt nur mit Kniebandage. "Und auch mit dem Rücken muss ich immer aufpassen." Doch das nimmt sie eher als Herausforderung: "Man muss halt sehr viel an sich arbeiten. Kieser-Training bringt eine Menge." Angela Krings lebt seit 1975 ("Da bekam ich meinen ersten Spielerpass.") für und mit dem Basketball. Die ehemalige Erst- und Zweitliga-Akteurin lief noch "bis an die 50" in der Frauen-Oberliga auf und steht für ein ganz besonderes Kunststück: Als Trainerin der Neusser Korbjägerinnen stand sie auf einem Spielberichtsbogen mit ihren drei Töchtern Svenja, Lisa und Inga. Um ein Haar wäre es sogar zu einem gemeinsamen Einsatz auf dem Parkett gekommen. Mit Uli Schmidt, über viele Jahre geschätzte Mannschaftskollegin und Inhaberin der goldenen Ehrennadel für 50-jährige Mitgliedschaft bei der Turngemeinde, eint sie die Treue zum Verein. "Wir sind so etwas wie die Dinosaurier", sagt Angela Krings, die mittlerweile auch die Leitung der recht erfolgreichen Basketball-Abteilung übernommen hat. Obwohl Uli Schmidt erst aus dem Liga-Spielbetrieb ausstieg, "als ich mit Leuten zusammengespielt habe, die genauso alt waren wie mein jüngster Sohn, was sich dann schon ein wenig komisch anfühlte", riet sie ihren drei Söhnen von einer Basketball-Laufbahn ab. "Sie sind nicht sehr groß, also habe ich ihnen frühzeitig gesagt, sie sollen was auf dem Boden machen."

Ihre Mutter sammelt derweil Medaillen, holte zuvor bereits WM-Silber in Thessaloniki und wurde im tschechischen Ostrava gemeinsam mit Angela Krings Vizeeuropameisterin. "Das Oldie-Training einmal in der Woche war mir immer zu wenig." Statt beim "Hallen-Jo-Jo" auf Sparflamme zu laufen, suchte sie mit ihren gleichaltrigen Kolleginnen neue Herausforderungen. In der finalen Vorbereitung auf die WM in den USA stand die in Neuss zusammengezogene Ü55-Nationalmannschaft bis zu fünfmal pro Woche in der Halle und trotzte in Testspielen Konkurrentinnen, die gut ein Vierteljahrhundert jünger sind.

Schmidt: "In Orlando hat dann einfach alles gepasst." Die von der FIMBA organisierte Mammut-Veranstaltung, bei der 211 Mannschaften von fünf Kontinenten aus 37 Ländern Weltmeister in 17 Altersklassen suchten, wurde zum Triumphzug für die deutsche Ü55-Auswahl. Sie erreichte ungeschlagen das Finale und sicherte sich dort mit einem 46:33-Erfolg über Tschechien den Titel. Und nach der WM ist vor der EM: Die Meldefrist für die Europameisterschaften im serbischen Novi Sad (24. Juni bis 3. Juli 2016) läuft bereits. "Einige von uns haben sogar schon die Flüge und die Hotels gebucht", weiß Uli Schmidt. Ob sie dabei sein kann, ist allerdings mehr als fraglich, hatte die Lehrerin an der Richard-Schirrmann-Grundschule in Hoisten in diesem Schuljahr doch schon für die WM Sonderurlaub beantragt. "Ich hoffe aber, es klappt trotzdem noch", sagt sie.

Angela Krings, Pädagogin an der Förderschule Rheydt, hat sich den Termin ebenfalls schon dick im Kalender angestrichen. Für den Moment ist es allerdings halbwegs ruhig im "Frauenhaus Krings", in dem Ehemann, Familienvater und Basketballer Detlef Krings einer unbedingt schützenswerten Minderheit angehört. Selbst der pechschwarze Retriever Alva, der alle Familienmitglieder gehörig auf Trab hält und sie zu Frühaufstehern macht, ist eine (Hunde-)Dame. Der arme Mann ...

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort