Lokalsport Schiedsrichter zeigen SVG "Rot"

Rhein-Kreis · Kreis-Unparteiische boykottieren das Match des Fußball-B-Kreisligisten SV Gençlerbirligi.

 Rote Karte für den SV Gençlerbirligi Grevenbroich: Die Schiedsrichter im Kreis wollen keine Spiele des B-Kreisligisten mehr leiten.

Rote Karte für den SV Gençlerbirligi Grevenbroich: Die Schiedsrichter im Kreis wollen keine Spiele des B-Kreisligisten mehr leiten.

Foto: Detlef Ilgner

Für Dirk Gärtner ist die Grenze überschritten. Am Ende der Schulung im Klubheim der Holzheimer SG verkündete der Obmann der im Fußballkreis 5 Grevenbroich/Neuss tätigen Schiedsrichter sichtlich erregt, aber bestimmt: "Ich werde das Spiel in Gohr nicht ansetzen. Ich verstoße damit gegen Satzungen, das ist mir so was von bewusst, aber ich möchte nicht die Verantwortung tragen, wenn jemand zu Schaden kommt." Damit steht so gut wie fest: Kein Unparteiischer des Kreises 5 wird morgen (Anpfiff 15 Uhr) die für den Aufstieg mitentscheidende Begegnung der Fußball-Kreisliga B, Gruppe zwei, zwischen Gastgeber SuS Gohr und dem SV Gençlerbirligi Grevenbroich leiten.

Bereits unmittelbar nach der Urteilsverkündung der Kreisspruchkammer am Montag zum am 17. Mai abgebrochenen Duell des SVG Grevenbroich mit dem FC Straberg war allen Beteiligten klar gewesen, dass damit die Probleme erst anfangen. Die Kammer um den Vorsitzenden Horst Planz hatte dem massiv bedrohten ("Kann den mal jemand totmachen.") Schiedsrichter Sebastian Patzel nämlich vorgeworfen, vor dem Abbruch nicht alle Mittel ausgeschöpft zu haben und darum ein Wiederholungsspiel angeordnet. Vollkommen unverständlich für Gärtner, denn nur ein glücklicher Zufall habe verhindert, dass der inzwischen frustriert zurückgetretene Sebastian Patzel tätlich angegriffen worden sei. Gegen dieses Urteil werde der FC Straberg Einspruch einlegen, bekräftigte Strabergs Trainer Markus Esser gestern noch einmal. "Wir haben deshalb einen Rechtsbeistand hinzugezogen."

Schon das Hinspiel in Straberg hatte im Übrigen vor der Spruchkammer geendet. Obwohl er enttäuscht sei, "dass wir in der Kommunikation mit dem Verein seither nicht weitergekommen sind", hatte Gärtner versucht, die Partie mit einem Unparteiischen zu besetzen. Nach sieben vergeblichen Anläufen gab er dieses Unterfangen jedoch auf. Die Begründungen seiner Kollegen vermag er nachzuvollziehen: "Keine Rückendeckung durch die Spruchkammer und auch einfach Angst." Georg Lenz, selber seit Jahren Schiedsrichter, war am Montag als Mitglied der Spruchkammer die heikle Aufgabe zugefallen, das Urteil zu begründen. Er verweist noch auf einen anderen Aspekt: "Er geht nicht nur um den körperlichen Schutz, sondern auch um den seelischen Schutz. Das ist Körperverletzung und das können wir nicht hinnehmen. Punkt."

Gärtner weiß, dass er in diesem Fall auf die Unterstützung von Andreas Thiemann, Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses und Mitglied des Präsidiums im Fußballverband Niederrhein, bauen kann. Auch unter den Schiedsrichtern im Kreis herrscht Einigkeit. Darum warnt Gärtner ausdrücklich: "Tritt jetzt ein Schiedsrichter in Gohr an, hat er ein Problem mit der Gemeinschaft. Wer diesen Entschluss nicht akzeptiert, hat keinen Respekt vor dem Schiedsrichterwesen und auch nicht vor uns als Kreisausschuss. Denn Angst und Spielleitung ist nicht das Motiv, für dass wir geradestehen."

Selbst Ottomar Dohmen, der den seit Mittwoch im Urlaub weilenden Norbert Schriddels als Staffelleiter der Gruppe zwei vertritt, rechnet nicht damit, dass sich bis morgen ein "Streikbrecher" findet lässt. Da er ebenfalls der Gilde der Pfeifenmänner angehört, kann er seine Amtskollegen natürlich gut verstehen, nichtsdestotrotz sieht er den Fußballkreis nun vor der Zerreißprobe: "Das ist eine unglückliche Situation. Wir als Kreisfußballausschuss müssen dafür Sorge tragen, dass das Spiel stattfindet. Ich habe meinen Freund Dirk Gärtner darum förmlich angefleht, doch noch drei Schiedsrichter nach Gohr zu schicken. Ich selber könnte es nicht machen, da ich vor acht Wochen an der Hüfte operiert worden bin."

Ob die Möglichkeit besteht, Hilfe von Schiedsrichtern aus den benachbarten Kreisen anzufordern, will er mit seinem Bruder Reinhold Dohmen ausloten. Der ist als Mitglied im Fußballausschuss des FVN ein ausgewiesener Fachmann in diesen Dingen, zurzeit freilich in den USA. Kreisfußballvorsitzender Hermann-Josef Koch hat inzwischen ebenfalls das Gespräch mit Dirk Gärtner gesucht, dem er keinen Vorwurf macht, "auch wenn es für uns blöd ist, dass die Schiedsrichter so entschieden haben". Und kryptisch fügt er an: "Ich bin am Sonntag in Gohr - ich habe da noch eine andere Hoffnung ..."

(NGZ)
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