Sportgeschichten (103) Silbernes Lorbeerblatt für hartes Training

Neuss · Bronze bei den Deaflympics beschert Felicitas Merker die Einladung des Bundespräsidenten ins Schloss Bellevue.

Sportgeschichten (103): Silbernes Lorbeerblatt für hartes Training
Foto: dosb

Rhein-Kreis Frank-Walter Steinmeier trifft man nicht alle Tage. Und dass der Bundespräsident dann auch noch aus dem sportlichen Nähkästchen plaudert und erzählt, wie er im Trikot des TuS 08 Brakelsiek im Kreisklassen-Match gegen den FC Donop ein Tor - sein einziges in der Saison 1976/77 - erzielt hat, dürfte gleichfalls eher selten vorkommen.

Felicitas Merker hat beides erlebt. Denn die 25-Jährige, in Grevenbroich aufgewachsen, sportlich einst beim TSV Bayer Dormagen und der DJK Rheinkraft Neuss heimisch, gehört zu jenen Sportlerinnen und Sportlern, die vom Bundespräsidenten am vergangenen Freitag mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet wurden.

Wahrscheinlich waren beide ein bisschen aufgeregt. Frank-Walter Steinmeier, weil er "zum ersten Mal in meiner Amtszeit das Silberne Lorbeerblatt verleihen (durfte), die höchste Auszeichnung für sportliche Spitzenleistungen hier in unserem Land." Und Felicitas Merker, weil es für sie "ein unvergesslicher und auch der beste Moment in meiner sportlichen Laufbahn überhaupt" war, als sie mit den anderen Medaillengewinnern der Deaflympics, den Gehörlosen-Weltspielen, im Schloss Bellevue, dem Berliner Amtssitz des Bundespräsidenten, empfangen wurde. "Es war eine feierlich schöne Atmosphäre", sagt Felicitas Merker - eine, in der natürlich das persönliche Erinnerungsfoto an der Seite von Frank-Walter Steinmeier nicht fehlen durfte.

 Von der Kunststoffbahn ins Schloss Bellevue in Berlin: Mit den anderen Medaillengewinnerin der Deaflympics wurde Felicitas Merker von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet.

Von der Kunststoffbahn ins Schloss Bellevue in Berlin: Mit den anderen Medaillengewinnerin der Deaflympics wurde Felicitas Merker von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Silbernen Lorbeerblatt ausgezeichnet.

Foto: Anja Tinter (Archiv); DOSB; Merker

Bronze im Siebenkampf hat die 25-Jährige im türkischen Samsun gewonnen und damit ihrer beachtlichen Liste von Erfolgen einen weiteren angefügt. Die Vize-Europameisterschaft im Siebenkampf bei der Gehörlosen-EM 2015 und Platz drei im Fünfkampf bei der Hallen-EM 2012 nennt sie in einem Atemzug mit der aktuellen Medaille. Von den mehrfachen Deutschen Meistertiteln im Kugelstoßen, Diskuswurf, über 200 Meter und in den Staffeln über 4x100 und 4x400 Meter gar nicht zu reden.

Deshalb empfindet sie die Auszeichnung auch als "Wertschätzung und Anerkennung für meine sportliche Leistung." Und sie freut sich, "dass sich meine vierjährige, harte Trainingsarbeit trotz der beruflichen Verpflichtung als Vollzeit-Studentin ausgezahlt hat." Die hat sie inzwischen an die Ruhr-Universität nach Bochum verschlagen. "Nachdem ich an der Sporthochschule in Köln meinen Bachelor gemacht habe, bin ich nach Bochum gegangen, weil dort Sportwissenschaft auch als Masterstudiengang angeboten wird", sagt die 25-Jährige.

Verbunden damit war auch ein Vereinswechsel. Felicitas "Fee" Merker startet jetzt für die LG Olympia Dortmund, trainiert wird die zum A-Kader des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes gehörende Mehrkämpferin von Uli Kunst. Die größte Herausforderung sei dabei das "Zeitmanagement, um das tägliche Training und die Uni unter einen Hut zu bekommen. Trotzdem ist und bleibt der Sport meine Leidenschaft und ich sehe ihn als optimalen Ausgleich zum stressigen Uni-Alltag."

Auch im Besitz des Silbernen Lorbeerblattes verfolgt sie weiter ehrgeizige Ziele: Im kommenden Jahr möchte sie bei den Hallen-Europameisterschaften der Gehörlosen dabei sein, die vom 22. bis 25. März im weißrussischen Gomel auf dem Programm stehen. Das große Ziel sind jedoch die Gehörlosen-Europameisterschaften 2019, denn die werden vom 21. bis 28. Juli direkt vor ihrer Haustür, im Wattenscheider Lohrheidestadion, ausgetragen. Vielleicht schaut dann auch Frank-Walter Steinmeier vorbei - aus dem lippischen Brakelsiek ist der Weg ja nicht allzu weit.

(NGZ)
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