Analyse So macht Tennis (wieder) Spaß

Neuss · Nach dem Auftaktsieg des TC BW Neuss in der 2. Tennis-Bundesliga wird klar, warum viele Zweitligisten nicht aufsteigen wollten in der Vergangenheit.

 Ganz entspannt: Teamchef Marius Zay mit Tochter.

Ganz entspannt: Teamchef Marius Zay mit Tochter.

Foto: A. Woitschützke

Okay, es gibt eine alte Sportlerweisheit, die unser Redaktionsleiter gerne zitiert und die auch im Fall des TC Blau-Weiss Neuss anwendbar scheint: "Man muss nur tief genug spielen, um erfolgreich zu sein . . ." Der Immer-Noch-Rekordmeister der Tennis-Bundesliga startete mit einem 8:1-Sieg über den Immer-Noch-Rekordmannschafts-meister LTTC Rot-Weiss Berlin in die erste Zweitliga-Spielzeit seiner Klubgeschichte.

Der sportliche Wert wird sich erst ermessen lassen, wenn ein paar mehr Spiele absolviert sind in der nur vier Wochen dauernden Saison. Doch eines machten sieben unterhaltsame Stunden an diesem Sonntag deutlich: Tennis kann (auch) Spaß machen. Dieser Eindruck war zuletzt in den tristen Jahren des Bundesliga-Abstiegskampfs und -krampfs ein bisschen verschütt gegangen an der Jahnstraße.

Klar, Siege, noch dazu deutliche, bereiten immer mehr Freude als Niederlagen. Doch das Erfolgserlebnis allein machte nicht die gute Stimmung aus. Viel mehr herrschte so etwas wie das alte "Bundesliga-Feeling" - und das hatte viel damit zu tun, dass in der Zweiten Liga im Gegensatz zur Ersten immer noch sechs Einzel und drei Doppel gespielt werden. "Ich glaube inzwischen auch, dass sechs Einzel mehr Spaß machen, Spielern wie Zuschauern", sagte der Neusser Teamchef Marius Zay am Tag danach. Den Fans, weil sie einfach "mehr Tennis fürs gleiche Geld" (BW-Spielertrainer Clinton Thomson) geboten bekommen. Und den Spielern, weil sich so viel eher das einstellt, was Mannschaftssport (auch Tennis) ausmachen sollte: Teamgeist.

Egal, auf welchem Niveau die Matches auch standen (und zwei, drei hatten durchaus das der Ersten Liga): Hier wurde um jeden Punkt, ja um jeden Ball gekämpft - und das ist schließlich, was die meisten Fans der Tennis-Bundesliga sehen wollen, nicht den einen oder anderen gut dotierten "Star" aus den Top-50, der kurz vor der Mannschaftspräsentation anreist und während der Doppel schon auf gepackten Koffern sitzt. Und Hand aufs Herz: Wer merkt schon, ob ein Spieler die Nummer 320 oder die Nummer 98 der Weltrangliste ist, wenn er nicht im Internet nachschaut? Die Unterschiede am Netz sind nämlich nur marginal.

Nach dem gelungenen Auftakt wird den Erstliga-verwöhnten Neussern langsam klar, was sich in den vergangenen Jahren auf den ersten Blick nie so recht erschloss: Warum viele Zweitliga-Meister nicht aufsteigen wollten, warum potenzielle "Nachrücker" dem Deutschen Tennis-Bund (DTB) einen Korb in Sachen Erste Liga gaben. Das hatte vielfach auch finanzielle Gründe - aber eben nicht allein.

Das Rad der Geschichte lässt sich bekanntlich nicht zurückdrehen. Aber so wie in der Schulpolitik die Zeichen von G8 wieder auf G9 deuten, sollten der DTB und seine Bundesligisten mal über eine "Reform der Reform" nachdenken. Denn die hat der Liga mehr geschadet als genutzt - die seither rückläufigen Zuschauerzahlen sprechen Bände.

(NGZ)
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