Lokalsport Titeltaucher krönt seine Karriere

Holzbüttgen · Jörg Oertel gewinnt als Trainer die Unterwasserrugby-Weltmeisterschaft.

Humor hat Jörg Oertel definitiv. "Ich sage immer, ich bin die erfolgreiche Silvia Neid des Unterwasserrugby", sagt der Bundestrainer der deutschen Frauen, die sich - im Gegensatz zu den Fußballerinnen - in der vergangenen Woche im kolumbischen Cali den Weltmeistertitel sicherten. Für Oertel ist es die Krönung einer Laufbahn, die hierzulande wohl bei keinem Zweiten so stark auf die Randsportart zugeschnitten ist.

"Der Sport liegt einfach in der Familie", sagt der 50-jährige, der in Holzbüttgen lebt, unter der Woche in Frankfurt bei einem japanischen Chemiekonzern arbeitet und im Schützenlustzug "Hessepözer" auch beim Neusser Schützenfest mitmarschiert. So war sein Vater schon beim ersten deutschen Unterwasserrugbyspiel überhaupt am 5. Oktober 1964 im Einsatz. Mit am Beckenrand war damals seine hochschwangere Frau. Genau einen Monat später erblickte Oertel das Licht der Welt. Er selber spielte von 1980 bis 2004 in der Bundesliga sowie von 1985 bis '99 in der Nationalmannschaft, wurde währenddessen 15 Mal Deutscher Meister, zweimal Europameister, einmal EM-Dritter und zweimal WM-Dritter.

Dass er sich 2013 mit einem Glas Bier in der Hand dazu überreden ließ, Bundestrainer der Frauen zu werden ("Als Neusser Schütze kann so etwas halt mal passieren"), sollte er nicht bereuen. Denn ausgerechnet in Cali, Kolumbiens drittgrößter Stadt, in der er 1986 seine erste Weltmeisterschaft spielte, holten seine Mädels nun erstmals den Pokal. "Für uns zählte nur der Titel. Wir haben uns extrem hart vorbereitet", sagt der Coach. Denn die Sportart, in der pro Team sechs Spieler versuchen, einen mit Salzwasser gefüllten Ball in bis zu fünf Metern Tiefe in einen kleinen Korb zu bugsieren, gehört zu den härtesten überhaupt. Vor den Spielen schwamm das deutsche Team 1,4 Kilometer - nur zum Warmwerden selbstverständlich.

Die Bedingungen seien dabei herausragend gewesen: "Bei den Spielen waren 500 Zuschauer auf der Tribüne, die über einen Bildschirm zugeguckt haben. Wenn Kolumbien gespielt hat, war das ein richtiger Hexenkessel", sagt Oertel. "Dort haben wir nach jedem Spiel Interviews gegeben, Autos haben uns angehupt, Kinder ständig nach Autogrammen gefragt." Sogar VIP-Logen mit Unterwasser-Fenstern habe es im Becken gegeben. Sportlich reichte es für die Gastgeber nur zu Platz drei - auch dank einer hart umkämpften 0:1-Niederlage gegen Deutschland im letzten Spiel der Zwischenrunde. Im Endspiel ließen die Deutschen Norwegen mit einem 3:0 dann keine Chance mehr.

Auch wenn mit der Weltmeisterschaft nun der letzte große Titel in seiner Sammlung steht, denkt Oertel nicht ans Aufhören: "Wenn etwas funktioniert, ist die Motivation zum Weitermachen groß. Ich habe viel Zeit investiert und bin momentan sehr glücklich." Ein Ziel sei die Titelverteidigung bei der wahrscheinlich 2017 stattfindenden Europameisterschaft. Doch zunächst freue er sich auf ein ganz anderes Highlight: "Als erstes steht ja jetzt mal das Neusser Schützenfest vor der Tür."

(NGZ)
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