Lokalsport TSV Bayer Dormagen vergrault seine Anhänger

Dormagen · 3. Handball-Liga West: Pfiffe der Fans, Ratlosigkeit der Verantwortlichen nach der 23:31-Pleite gegen die HSG Lemgo II.

 Ein Bild mit Symbolcharakter: Gegen die Lemgoer Angreifer (hier Robin Hübscher) kamen die Dormagener meist einen Schritt zu spät.

Ein Bild mit Symbolcharakter: Gegen die Lemgoer Angreifer (hier Robin Hübscher) kamen die Dormagener meist einen Schritt zu spät.

Foto: H. Zaunbrecher

Beschönigen wollte niemand etwas nach der zweiten Heimniederlage in Folge auf Seiten des TSV Bayer Dormagen: "Das war nichts", stellte ein sichtlich ernüchterter Spielertrainer Alexander Koke nach der 23:31-Pleite (Halbzeit 11:18) des Handball-Drittligisten gegen die HSG Lemgo II fest, "weder vorne und schon gar nicht hinten."

Zu beschönigen gab es auch nichts nach einer emotionslosen und blutarmen Vorstellung der Hausherren. Dafür gab es nach dem Schlusspfiff erstmals seit langem Pfiffe im TSV-Bayer-Sportcenter - und das will bei einem Verein, der zwei Jahre lang gegen den Abstieg (aus der Zweiten Liga) gespielt hat, schon etwas heißen.

Björn Barthel war darüber nicht einmal entrüstet: "Irgendwie kann ich die Fans verstehen", sagte der Handball-Geschäftsführer, der mit Besorgnis sieht, wie der TSV Bayer im Niemandsland der Drittliga-Tabelle zu verschwinden droht. Was die Bemühungen um mehr finanzielle Durchschlagskraft, unabdingbare Voraussetzung für einen Wieder-Aufstieg in die Zweite Liga, sicher nicht einfacher macht. Denn der Zuspruch der Fans - die 868 von Samstag bedeuteten Minusrekord in dieser Saison - war bisher ein Pfund, mit dem die Dormagener wuchern konnten im Vergleich zur Konkurrenz in der Dritten Liga West.

Spielen die Bayer-Handballer freilich so weiter, sind sie auf bestem Wege, auch die treuesten ihrer Anhänger zu vergraulen. Die ebenso jungen, aber athletischeren Lemgoer waren meist einen Schritt schneller, nutzten die Löcher im Dormagener Deckungstorso ebenso schonungslos aus wie die eklatante Schwäche zwischen den Torpfosten (zwei gehaltene Bälle in den ersten 30 Minuten). Und hatten die Partie mit einem energischen Zwischenspurt von 8:6 (12.) auf 14:7 (19.) schon früh für sich entschieden - auch, weil kein Aufbäumen sichtbar war bei den Hausherren, die famose Leistung des jungen Eloy Morante Maldonado auf der Regieposition wirkungslos verpuffte, weil außer einem halbwegs treffsicheren Max Bettin (9 Tore) keiner seiner Neben leute auch nur ansatzweise zu seinen eigentlich vorhandenen handballerischen Fähigkeiten fand.

Den Verantwortlichen gibt das Rätsel auf. Koke versuchte, mit zwei Auszeiten innerhalb von nichtmals vier Minuten (9. und 13.) das Unheil abzuwenden - vergeblich. Im weiteren Verlauf schaute er sich das triste Geschehen weitgehend tatenlos an. Auch Erik Wudtke stellte seine Bemühungen, von der Bank aus Einfluss zu nehmen, irgendwann ein. "Dabei haben die Jungs in dieser Woche hervorragend trainiert", sagte der Sportliche Leiter, "aber dafür gibt es leider keine zwei Punkte."

Die gibt es nur für Siege. Mit jetzt drei (Heim-)Niederlagen scheint der Zug zur Spitze endgültig abgefahren für den Zweitliga-Absteiger, selbst der für eine mögliche Aufstiegs-Relegation reichende zweite Tabellenplatz ist schon so gut wie außer Reichweite. "Der Aufstieg war auch nie unser Ziel, " stellt Alexander Koke klar. Für den Trainer steht die "individuelle Weiterentwicklung der Spieler" im Vordergrund dieser Saison. Doch die scheint angesichts solcher Vorstellungen wie der von Samstagabend ins Stocken geraten. Die Hoffnung, es könne sich um einen einmaligen und noch dazu lehrreichen Aussetzer handeln, könnte sich als trügerisch erweisen, denn schon die voraufgegangenen Partien waren spielerisch wenig überzeugend. Die größten Mangel liegen freilich in der Abwehr, der gegen Lemgo das Prädikat "mangelhaft" gebührte. Wudtke vermisst die "nötige Aggressivität. Unsere Spieler sind alle zu brav."

Mag sein. Doch Defensivarbeit hat immer etwas mit Einstellung zu tun - selbst wer nicht gut Handball spielt, kann hinten wenigstens zupacken. Vielleicht hat das fehlende konkrete Saisonziel etwas mit diesem Manko zu tun, vielleicht sind einige Spieler damit zufrieden, nach zwei nervenaufreibenden Jahren im Abstiegskampf erst einmal eine weitgehend stressfreie Saison zu spielen. Dass die größten Schwachstellen momentan jene Akteure bekleiden, die über Zweitliga-Erfahrung verfügen, ist ein weiteres Indiz. Die Pfiffe von den Rängen, eigentlich eine unschöne Begleiterscheinung des Sports, sind so vielleicht ein Wecksignal zu rechten Zeit.

(NGZ)
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