Sportgeschichten (100) Vom Pferderücken ins Theater

Neuss · Als Janine Oswald wurde sie Voltigier-Weltmeisterin, jetzt arbeitet Janine Hartenstein als Geschäftsführerin des Theatervereins Düsseldorf.

 Mehr als anderthalb Jahrzehnte liegen zwischen diesen Bildern: Janine Oswald bei ihrer Kür beim "Preis der Besten" im Wiesbadener Schlosspark und Janine Hartenstein beim Besuch im Neusser Pressehaus, wo sie vor 17 Jahren ein Praktikum in der NGZ-Sportredaktion absolvierte. Seit Mai lebt die frühere Voltigier-Weltmeisterin wieder in Neuss.

Mehr als anderthalb Jahrzehnte liegen zwischen diesen Bildern: Janine Oswald bei ihrer Kür beim "Preis der Besten" im Wiesbadener Schlosspark und Janine Hartenstein beim Besuch im Neusser Pressehaus, wo sie vor 17 Jahren ein Praktikum in der NGZ-Sportredaktion absolvierte. Seit Mai lebt die frühere Voltigier-Weltmeisterin wieder in Neuss.

Foto: privat/lber

Levi und Elias sind glücklich. Jede Woche dürfen sich der Siebenjährige und sein zwei Jahre jüngerer Bruder auf dem Nixhof austoben. Auf dem Pferderücken zu turnen, das kannte das quirlige Duo bislang nur, wenn es zu Besuch bei der Oma in Neuss weilte.

Seit Mai ist das anders. Da wohnen die beiden nämlich in Gnadental. Und dass einer der ersten Wege nach dem Umzug aus Stuttgart ihre Mutter auf den Nixhof führen würde, war irgendwie logisch. Denn dort hat Janine Hartenstein den größten Teil ihrer Kindheit und Jugend verbracht - als Janine Oswald gehörte die 40-jährige nicht nur zu den besten Voltigierern des RSV Grimlinghausen, sondern der Welt.

Sportgeschichten (100): Vom Pferderücken ins Theater
Foto: Berns Lothar

Sie hatte sogar das Zeug dazu, die allerbeste zu werden. Hätte es damals nicht Nadia Zülow gegeben, die einfach noch einen Tick besser war als ihre gleichaltrige Vereinskollegin. Die mit ihren drei Welt- und Europameistertiteln Maßstäbe setzte, die in ihrer Sportart bis heute unübertroffen sind. Janine Oswald blieben da "nur" WM-Bronze 1996 und die Vize-Europameisterschaft drei Jahre später.

Freundinnen sind die beiden, die mit der Gruppe des RSV Grimlinghausen 1987 Europameister und 1992 Weltmeister wurden, trotz aller sportlichen Rivalität geworden. Und bis heute geblieben: "Es ist schön, dass wir uns jetzt wieder öfter sehen können", sagt Janine Hartenstein. Schließlich ist es von Neuss bis nach Bocholt, wo Nadia Ehning mit ihrem Mann Marcus, dem Olympiasieger und Weltmeister im Springreiten, und ihren vier Kindern lebt, nicht ganz so weit wie von der schwäbischen Metropole.

In die hatte es Janine Hartenstein (damals noch Oswald) vor zehn Jahren verschlagen, als sie nach dem Studium eine Stelle als Lektorin beim Kosmos-Verlag fand. Kinder- und Jugendbücher waren ihr Ressort, "darunter ganz viele Pferdebücher." Eines davon hat sie selbst geschrieben: "Ich lerne voltigieren" erschien 2009 und richtete sich an eine Zielgruppe, die sie inzwischen aus eigener Erfahrung genau kennt: sechs- bis neunjährige Kinder. Die unterrichtet sie jetzt wieder auf dem Nixhof. Eine Karriere als Trainerin strebt die 40-Jährige allerdings nicht an: "Ich helfe einer Freundin, die eine Anfängergruppe trainiert, mehr nicht."

Der Kontakt zum Voltigieren sei eben nie abgerissen. Auch wenn sie 2000, als zweifelhafte Entscheidungen der Punktrichter sie bei ihrer "Abschieds-WM" in Mannheim als Vierte um eine Medaille brachten, ziemlich die Nase voll hatte von ihrer Lieblingssportart. Zumindest als Aktive. Fortan verlegte sie sich aufs Schreiben, nachdem sie im Frühjahr des gleichen Jahres ein Praktikum in der Sportredaktion der NGZ absolviert hatte. Doch weit mehr als der Journalismus reizte sie immer schon das Theater. Sechs Jahre "turnte" sie beim Rheinischen Landestheater (RLT) herum, von Rollen als "Klein- und Kleinstdarstellerin" über Regieassistenz bis hin zur Souffleuse "habe ich praktisch alles gemacht", erinnert sie sich.

Beim Theater ist sie auch nach ihrem Rück-Umzug nach Neuss wieder gelandet. Bei der Theatergemeinde Düsseldorf arbeitet Janine Hartenstein seit wenigen Wochen als Geschäftsführerin. Zum Einarbeiten blieb wenig Zeit, denn die 1947 als Tochterorganisation der Gesellschaft für Christliche Kultur gegründete gemeinnützige Gesellschaft feiert gerade ihr 70-jähriges Bestehen. "Allerdings nicht mit einem Festakt, sondern mit einem verbesserten Service für unsere Mitglieder", sagt die neue Geschäftsführerin. Rund dreieinhalbtausend sind es, die mit ihrem Jahresbeitrag von 15 Euro verbilligte Eintrittskarten für Theater, Oper und Ballett erhalten können. "Aber wir sind kein bloßer Ticketversand", sagt Janine Hartenstein, "wir stellen für unsere Mitglieder besondere Abonnements zusammen, wir beraten auch, was sie sich ansehen können."

Und das nicht nur in Düsseldorf, sondern in 20 deutschen Städten. In die bietet die Theatergemeinde auch Reisen an. Die eigenen Veranstaltungen, wie zum Beispiel die Adventslesung im Düsseldorfer Goethemuseum, weiter zu entwickeln, ist das eine Ziel der neuen Geschäftsführerin. Das andere hat mit ihrer Herkunft zu tun: "Wir wollen die Düsseldorfer stärker für die kulturellen Angebote im Linksrheinischen interessieren", sagt Janine Hartenstein. Ihren "Antrittsbesuch" im Rheinischen Landestheater hat sie bereits gemacht und dabei "noch eine Menge Bekannte aus meiner damaligen Zeit getroffen. Das macht die Zusammenarbeit einfacher."

Vielleicht schauen "ihre" Mitglieder bald mal auf dem Nixhof vorbei. Schließlich wird beim Voltigieren inzwischen verstärkt "Theater" auf dem Pferderücken gespielt. "Da hat sich viel verändert seit meiner Zeit", sagt Janine Hartenstein. Für Levi und Elias allerdings nicht - die wollen einfach nur ihren Spaß haben.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort