Hartmut Oehmen "Was der Verband macht, ist ein Skandal"

Neuss · Eine vom Manager der NEW' Elephants Grevenbroich initiierte Petition kippt Nachwuchs-Regelung des Basketball-Bundes.

Grevenbroich Das hatte der Deutsche Basketball-Bund (DBB) im stillen Kämmerlein so fein ersonnen: Quasi im Handstreich entschied er, dass in den bundesweit vier Regionalligen ab sofort mindestens drei Akteure auf dem Spielbogen aufgeführt werden müssen, die jünger als 23 Jahre alt sind und zusätzlich mindestens drei Jahre in einer deutschen Jugendmannschaft gespielt haben. Zwei davon sollten sogar zu jedem Zeitpunkt einer Partie auf dem Parkett stehen. Das freilich wollte sich Hartmut Oehmen, Trainer und Manager der NEW' Elephants nicht gefallen lassen, gründete mit seinem für die Baskets Vilsbiburg (Regionalliga Südost) tätigen Kollegen Michael Mayr eine Facebook-Gruppe und reichte am Ende eine Petition gegen die von den Landesverbänden auf dem Bundestag in Lübeck (17./18. Juni) zu beschließende "Local-Player"-Regelung ein. Die Folge: Die "Reform" wird bis 2018/2019 zurückgestellt - in der anstehenden Saison bleibt alles beim Alten. Im Gespräch mit der NGZ verriet Oehmen, dass das Thema damit noch nicht vom Tisch ist.

Herr Oehmen, wie beurteilen Sie die neue Situation?

Hartmut Oehmen Zu Beginn möchte ich mal klarstellen, was hier gerade passiert: Ich bin jetzt seit 1988, als ich als Vorsitzender bei den Panthers in Krefeld eingestiegen bin, im Geschäft. In dieser Zeit habe ich es nie erlebt, dass sich Sportvereine so organisieren. Und zwar bundesweit - das geht von Bayern bis Hamburg und von Mecklenburg-Vorpommern bis Nordrhein-Westfalen. Weit mehr als 60 Prozent der 54 Regionalligisten haben unsere Petition unterschrieben. Das zeigt: Basis-Demokratie mit Hilfe der sozialen Medien kann auch vom kleinen Grevenbroich ausgehen.

Also Ziel erreicht!

Oehmen Nein, das war nur ein Teilerfolg. Der eigentliche Skandal ist doch, dass sich die Landesverbände, in unserem Fall der Westdeutsche Basketball-Verband, gegen den Willen der Mehrheit der von ihnen vertretenen Vereine gestellt hat. In der Regionalliga West waren nur Herford und Salzkotten dafür. Selbst die Telekom Baskets Bonn, die die Anforderungen ohne Probleme erfüllen könnten, waren dagegen.

Wie geht es jetzt weiter?

Oehmen Wir haben eine "Taskforce U23 Local Player" gegründet, deren Ziel es ist, die ja nur auf die Saison 2018/2019 verschobene Regelung komplett zu kippen.

Aber warum? Liegt Ihnen der deutsche Basketball-Nachwuchs denn nicht am Herzen?

Oehmen Natürlich. Aber wir wollen eine Regelung erarbeiten, die den Nachwuchs zwar fördert, dabei aber nicht gegen EU-Recht verstößt und ältere Spieler nicht diskriminiert. Es kann doch nicht sein, dass Spieler wie Simon Bennett oder auch Bastian Becker, der seit der Jugend in Grevenbroich spielt, plötzlich keine Local Player mehr sind, nur weil sie älter als 23 Jahre sind. Für die Elephants würde das bedeuten: Von zehn Leuten im aktuellen Kader sind sieben Deutsche, aber spielen dürften wir trotzdem nicht. Was wird mit einem Marco Boksic, der vor drei Jahren mit 21 Jahren aus Kroatien zu uns gekommen ist, seinen festen Wohnsitz hier hat und ab 1. Juli auch einen festen Arbeitsplatz unabhängig vom Basketball?

Aber gerade junge Spieler brauchen Einsatzzeit, um sich weiterzuentwickeln. Die bekämen sie doch in der Zukunft.

Oehmen Das schon, nur müssten sie dafür eigentlich gar nicht mehr trainieren, denn sie spielen ja sowieso. Das bringt sie nicht weiter. Ich hätte bei Transfers nicht mehr so sehr auf die Qualität der Spieler zu gucken, sondern auf deren Alter. Und um auf Verletzungen reagieren zu können, bräuchte jeder Regionalligist mindestens vier U23-Spieler. Nur, wo sollen die herkommen? Und wenn die kleinen Vereine gute Spieler ausgebildet haben, werden sie die kaum halten können. Die großen Klubs mit ihren Nachwuchs-Bundesliga-Programmen greifen doch alles ab. Ein brauchbarer U23-Starter würde richtig Geld kosten - aber nur bis zu seinem 24. Geburtstag, dann wäre er auf einmal nichts mehr wert.

Das verkompliziert die Sache in der Tat zusätzlich, zumal die vertragliche Seite in der Regionalliga ohnehin ein Thema für sich ist.

Oehmen Das stimmt. Wir sind nun mal eine reine Amateur-Hobbyliga, da kannst du nicht mit Regularien wie für lizenzierte Pro-A- oder Bundesliga-Vereine operieren. Ich denke darum, wir haben ganz gute Chancen, diese Regelung zu kippen.

DIRK SITTERLE FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(NGZ)
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