Kabarett Drei resolute Damen mischen die Kulturhalle auf

Dormagen · Man traut ihnen das Autofahren ja doch nicht so richtig zu, und ob Marlies, Karo und Ilona mit dem Finanzamt so ohne weiteres klarkommen, ist auch keine ausgemachte Angelegenheit für diese drei gasgebenden Frauen. Doch sie halten überzeugend dagegen im aktuellen Programm "Frauen an der Steuer" in der Dormagener Kulturhalle. Denn: Wie das Universum ist unser Steuersystem unergründlich und hat einen Knall.

Die Darstellerinnen Melanie Haupt, Judith Jakob und Fabienne Hollwege sind Berliner Vollblutkabarettistinnen. Und haben selbst mindestens genauso viel Spaß an ihren mit Wortwitz, originellen Sichtweisen und eingestreutem Gesang gewürzten Spitzen wie ihr Publikum. Das Finanzamt kam dabei nicht gut weg, und die hilflosen Steuerpflichtigen bekamen auch ihr Fett mit. Das Trio durchleuchtete das großenteils unverständliche System auf seine Weise, machte deutlich, warum und wie die einen der Steuerbürokratie ohne Gegenwehr ausgeliefert sind und warum die anderen, die es eigentlich gar nicht nötig haben, in jedes Schlupfloch der Gesetzgebung fahren und kaum das Gemeinwohl im Blick haben. Das war treffsicher, nutzte freilich auch die kabarettistischen Freiheiten der Überziehung voll aus. Das Publikum dankte es eingedenk eigener Erfahrungen und fühlte mit bei der Rote-Faden-Geschichte von drei Freundinnen, die einen kleinen Fischimbiss zu retten versuchen. Den hat das Finanzamt auf dem Kieker mit der genauen Prüfung der Steuererklärung, mit Steuerschätzung und Gemeinheiten, wenn der Umsatz der kleinen Fischbude nicht branchentypisch erscheint.

"Singen hilft immer" beweisen die drei wild zum Widerstand entschlossenen Finanzamtsopfer, denn wenn man singt, hat man keine Angst. "Oi, oi, oi, der rechte Weg, die linke Tour" - so hört sich das dann an, unterstützt von feinabgestimmter Rhythmik, die mal auftrumpfend, mal unterwürfig daherkommt. Wäre Heirat das probate Steuersparmodell? Ist gar lügen die probate Strategie zum Steuersparen? Mit wechselnden Rollen loten die drei resoluten Damen ihre Möglichkeiten aus.

Ist das nun ungerecht überzogen? In bestimmten Passagen ganz sicher, denn dadurch wird vieles umso deutlicher. Beispielsweise der Blick auf die ausgefuchsten Steuervermeidungsstrategien großer und größter Unternehmen. "Das ist, als wenn man einen Ferrari mit dem Fahrrad jagt", klagt eine in die Rolle einer Finanzbeamtin geschlüpfte Kabarettistin. Mit der Steuerprüfung müsse jedermann rechnen, und das gelte vor allem für das gastronomische Kleingewerbe. Weil beim Finanzamt die Zahlen stimmen müssen und keins die "Rote Laterne" im Aufspüren fälliger Steuerlasten verliehen bekommen will, wird mit harten Bandagen agiert. Mal frech, auch burschikos, dann sensibel, spielen die drei Akteurinnen auf der ganzen Spaß-Klaviatur. Der Steuer entkommt man nicht, lautet die Botschaft. Oder gilt das doch nicht für alle? Begeisterter Applaus verabschiedet die drei schwungvollen Frauen.

Klaus Niehörster

(NGZ)
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