Alpen 3,5 Jahre Haft für Bönninghardt-Räuber

Alpen · Mit Diebstählen - vornehmlich in ländlicher Abgeschiedenheit - finanzierte ein 36-jähriger Mann aus Duisburg seine Drogensucht. Auf der A 57 raste er mit Tempo 160 und 1,6 Promille. Gericht wies ihn in eine Entziehungsanstalt ein.

Der Räuber von der Bönninghardt bleibt im Gefängnis. Die auswärtige Kammer des Landgerichtes Kleve in Moers verurteilte den 36-jährigen Mann aus Duisburg gestern nach acht Stunden Verhandlung zu einer Freiheitsstrafe von dreineinhalb Jahren. Zudem muss er auf Geheiß des Gerichts in einer Entziehungsanstalt sein erhebliches Suchtproblem angehen. Das Gericht blieb ein Jahr unter dem, was der Staatsanwalt gefordert hatte. Die Verteidiger hielten dessen Antrag für "völlig überzogen", schlugen vor, es mit zwei Jahren Gefängnis gut sein zu lassen, zumal weitere Strafen warten.

Verhandelt wurde nicht nur die spektakuläre Aktion Anfang Juni, mit der Anwohner am Heideweg auf der Bönninghardt, nachdem der Dieb auffrischer Tat ertappt worden war, ihn in einer filmreifen nachbarschaftlichen Aktion festgesetzt und der Polizei übergeben hatten (RP berichtete ausführlich).

So ging es auch um eine Nacht im Juni 2014, die auf den Straßen in Kamp-Lintfort ihren Anfang nahm und auf der A 57 nach einer halsbrecherischen Flucht endete. Einem Polizisten war der Mann an einer Tankstelle aufgefallen, weil der am Kassenschalter offenbar pinkelte. Der stieg dann ins Auto und fuhr Schlangenlinie. Auf der Wache wurden 1,6 Promille festgestellt. Dabei hatte er Beschuldigte vor Gericht beteuert, seit Jahren keinen Alkohol mehr zu trinken, der ihm seit seiner frühen Jugend erhebliche Probleme beschert hatte. Weil es ihm offenbar zu lange dauerte, bis sein Bruder, der sich sehr um gekümmert hat, da war, um ihn abzuholen, setzte er sich erneut ans Steuer, hupte freundlich und brauste davon. Auf der A 57 sei er mit 160 Sachen davongerast, bis der Sprit alle war, so ein Polizist. Pech für den Mann mit türkischem Pass - aber "reines Glück, dass nichts Schlimmes passiert ist", so der Staatsanwalt.

Vornehmlich Kokain und Heroin waren der Antrieb für die anderen Straftaten, die dem arbeitslosen Mann, der in Wesel geboren und aufgewachsen ist, zur Last gelegt wurden. Sie dienten dazu, seine Sucht zu finanzieren. Dabei suchte er seine Beute vor allem in ländlicher Abgeschiedenheit, wo Menschen sich vertrauen und Türen offen stehen.

So erzählte gestern ein Gärtner (62) aus Veen, dass der 36-Jährige ein paar Euro aus der Schüssel genommen hatte, in die Kunden, die sich am Blumenkühlschrank bedient haben, ihr Geld warfen.

Auf einem Bauernhof in Birten, wo Selbstabholer nicht ungewöhnlich sind, hatte der Mann aus dem Zimmer, in dem Opa schlief, Omas Handtasche mitgehen lassen. Die 86-Jährige, als Zeugin geladen, hielt dem Dieb die Tasche "richtig froh" unter die Nase. Kinder hatten sie auf der Bönninghardt im Wald gefunden. Mit allen Papieren und Karten. Nur das Portemonnaie war leer.

Am schwersten wog der Diebstahl im Schlafzimmer der Gärtnerei Koppers. Thea Koppers (74) hatte sich geistesgegenwärtig am Geländer festgehalten und so verhindert, dass sie die schmale steile Treppe im Haus hinabstürzte. Sie kam mit Prellungen davon. Von der Entschuldigung des Angeklagten, dessen Weste lange nicht so weiß ist wie sein Hemd, das er gestern trug, wollte sie nichts wissen. Wohl aber, ob sie das Geld zurückbekommt oder ob es sich "Deutschland" einverleibt. Die Rechnung werde beglichen, sicherte ihr der Richter zu.

(RP)
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