Alpen Ackermänner haben das Schreiner-Gen

Alpen · Seit mehr als 150 Jahren ist die Arbeit mit Holz das täglich' Brot der Familie Ackermann in Veen. Dirk Ackermann (34) ist bei Vater Gerd (68) in die Lehre gegangen, führt heute die Firma und freut sich auf die Geburt seines Sohnes.

 Selina Ackermann ist schwanger: Ehemann Dirk und Schwiegervater Gerd freuen sich auf den neuen Ackermann, der in Kürze das Licht der Welt erblickt.

Selina Ackermann ist schwanger: Ehemann Dirk und Schwiegervater Gerd freuen sich auf den neuen Ackermann, der in Kürze das Licht der Welt erblickt.

Foto: Fischer

Handwerk hat viel mit Tradition zu tun. Erst recht in der Bau- und Möbelschreinerei Ackermann in Veen. Die Ackermänner geben nicht nur das Schreiner-Gen von Generation zu Generation weiter, sondern auch das Können: Die Söhne gehen beim Vater in die Lehre. Bei Ackermann funktioniert das schon seit mehr als 150 Jahren.

Wann genau der Betrieb aus der Taufe gehoben worden ist, lässt sich nicht mehr genau sagen. Sicher ist, dass Gerhard Ackermann, Urgroßvater des heutigen Chefs Dirk Ackermann (34), in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt und auf den goldenen Boden des Handwerks vertraut hat. Aber auch vorher sollen Ackermänner mit Holz ihr täglich' Brot verdient haben.

Wie die Zeiten waren, als Meister Gerhard an den Start ging, weiß der jüngste Sprössling der Ackermann-Dynastie nur aus Erzählungen. Seinen Uropa hat er nicht kennengelernt. "Damals sind unsere Vorfahren längere Zeit täglich zu Fuß über den Rhein nach Wesel", so Dirk Ackermann, "um in der Stadt den Dachstuhl einer Kirche samt Turm zu zimmern." Ansonsten waren Landwirte in Veen und Umgebung die Auftraggeber, zu denen die Trupps mit der Karre unterwegs waren, in denen sie Material und Werkzeug transportieren und die erst später von Pferden gezogen wurden. Noch während des Ersten Weltkrieges wurden erste Maschinen gekauft, die die Arbeit leichter machten und die Produktivität steigerten. Das ist mit heute nicht zu vergleichen. Die Fahrzeuge der Firma fahren inzwischen zu Baustellen im Ruhrgebiet und bis hinein in die Landeshauptstadt Düsseldorf. Kurze Wege sind eher die Ausnahme.

Johann Ackermann, Sohn des Gründers, baute den Betrieb aus und modernisierte ihn. Als Sohn Gerd 13 Jahre alt war, ging er, klar doch, nach der Schule beim Vater in die Lehre. "Ich musste und ich wollte", sagt der heute 68-Jährige. An Konflikte mit dem Meister kann er sich nicht erinnern: "Wir sind gut miteinander klargekommen."

Das sieht wiederum sein Sohn Dirk genau so: "Wir haben uns gut verstanden, auch wenn's wie auf jeder Baustelle auch mal lauter geworden ist", sagt er über seine Lehrjahre beim Papa. Der habe darauf hingearbeitet, dass sein Sohn beim Holz blieb. Die Wahl habe er ihm schon gelassen: "Als Angestellter hast Du's ruhiger, aber im Betrieb bist Du Dein eigener Herr."

Der Sohn hat's gehört. Nach Real- und Fachoberschule ging's nach der Lehre zum Studium nach Buxtehude und parallel auf die Meisterschule. Beim praktischen Teil seiner Meisterprüfung wählte er bei der Herstellung eines schiefwinkligen Walmdachs den rechnerischen Weg zur Problemlösung. Damit war er zunächst schneller als seine Mitstreiter. Hinterher haben ihn dann die reinen Praktiker abgehängt. Doch das ist nur eine Anekdote.

Seit Januar 2008 hat er sein Diplom als Bauingenieur in der Tasche. Den Betrieb hat er vor zwei Jahren übernommen, ist Chef über elf Leute - vom Meister bis zum Stift. Das Metier ist weiter "alles rund ums Holz" - von schlüsselfertiger Bauplanung über den Dachstuhl bis zum individuell gearbeiteten Möbelstück. Das Möbel für den letzten Gang auf Erden ist zwar auch im Portfolio - "aber nur in ganz besonderen Ausnahmefällen". Ackermann hat Spuren hinterlassen. Die Firma hat für zahlreiche Aldi-Filialen das Gebälk fürs Dach maßgerecht gezimmert ebenso das fürs Sonsbecker Kastell und das dortige Rathaus und ist auch mancher Kirche aufs Dach gestiegen.

Den Schritt in die Verantwortung hat der junge Mann nie bereut, auch wenn für Hobbys bei 60 bis 80 Stunden in der Woche keine Zeit bleibt. Das Telefon im Büro steht kaum still. Dirk Ackermann ist ständig gefragt. Die Kunden sind oft wenig geduldig. Der junge Unternehmer versucht, freundlich zu bleiben, auch wenn's gar nicht passt und jemand kommt, der "mal eben ein Brett geschnitten haben will". Manchmal bleibt was liegen. Wie das neue große Kreuz für die Kirche in Ossenberg. Das alte war verrottet. Der Ersatz ist fast fertig, wartet in der Werkstatt, die im Frühjahr den Brand im Spänebunker überstanden hat, aber noch auf den letzten Schliff. "Momentan erreichen wir von der Auslastung her das Ende der Fahnenstange", so der 34-Jährige.

Vater Gerd ist's zufrieden, wie der Sohn das weiterführt, was er ererbt hat. Er hilft ihm - auch stolz darauf, dass seine Finger noch vollzählig sind. Er habe immer nach dem Grundsatz verfahren, so der Senior, "dass der Betrieb die absolute Nummer eins" sei. Und man dürfe die Bodenhaftung nicht verlieren: "Große Autos fahren, das war nie meine Sache". Um die Zukunft ist dem Opa in spe nicht bange. Dirks Ehefrau Selina bringt in wenigen Wochen den nächsten Ackermann zur Welt - einen Jungen.

(RP)
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