Rheinberg Arbeitslose machen Theater

Rheinberg · Rückkehr in die normale Welt: Die Projektgruppe "Auf grünen Hügeln" zeigt heute das Stück "Re-Bir(d)th".

 Theaterspiel stärkt das Selbstbewusstsein: Am Ende des Projekts "Auf grünen Hügeln" steht die Aufführung eines teils selbst erarbeiteten Stücks.

Theaterspiel stärkt das Selbstbewusstsein: Am Ende des Projekts "Auf grünen Hügeln" steht die Aufführung eines teils selbst erarbeiteten Stücks.

Foto: Armin Fischer

Auf dem Flug von Frankfurt nach Palma de Mallorca stürzt ein Flugzeug über dem Mittelmeer ab. Einige Passagiere können sich schwimmend retten. In einem Dickicht denken sie über sich selbst nach, suchen ihr Ich und träumen von der Freiheit. Sie setzen alles daran, in die normale Welt zurückzukehren. Doch kein Weg scheint aus dem Dickicht heraus zu führen, außer wie ein Vogel hinauszufliegen. Den Wunsch könnte das Sams erfüllen, wenn es denn Wunschpunkte im Gesicht hätte, die aber nicht erscheinen wollen.

18 Mitglieder der Projektgruppe "Auf grünen Hügeln" haben seit März ein Theaterstück eingeübt, das sie auch heute Abend um 19 Uhr im Gemeindesaal der evangelischen Kirche an der Rheinstraße noch einmal zeigen. "Re-Bir(d)th" haben sie es getauft. Denn in diesem Schauspiel steht ihre Geschichte im Mittelpunkt, ihr zweite Geburt und ihr Flug in die Freiheit, nachdem sie durch lange Arbeitslosigkeit aus der normalen Welt in ein Dickicht gefallen sind.

"Viele waren am Anfang sehr verschlossen", blickt Regisseurin Melanie Nagler auf die Entwicklung zurück, die die Mitglieder in neun Monaten durchlaufen haben. "Die Hälfte wollte nicht mitspielen." Am Ende jedoch waren alle auf der Bühne. Nach den Sommerferien ist niemand abgesprungen. Melanie Wagner: "In dem Projekt kann schließlich jeder seine Potenziale entwickeln."

Das war eben das Ziel von "Auf grünen Hügeln". Im Projekt gehe es primär noch nicht darum, Menschen in Beschäftigung zu bringen, sagt Gerburg Dicks, Fachbereichsleiter des Jobcenters des Kreises Wesel. Die Teilnehmer sollen Selbstbewusstsein tanken, den Glauben an sich selbst zurückgewinnen. Denn: "Mit permanenten Selbstzweifeln kann niemand in eine Qualifizierung gehen oder eine Arbeit finden."

Das Projekt in Rheinberg, das im vergangenen Jahr erstmals vom Jobcenter und dem dem Moerser Qualifizierungsunternehmen "FachWerk" Kreis Wesel gGmbH angeboten wurde, ist in der Region neu. Zwar gab es in Moers und Kamp-Lintfort schon mehrere Projekte, bei denen Arbeitslose Theater spielten, um Pünktlichkeit und Ausdauer zu lernen sowie Gemeinschaftsgefühl und Begeisterung zu erfahren; aber in Rheinberg legten sie am evangelischen Generationenhaus Grote Gert noch einen Gemüsegarten, den "Grünen Hügel" an (wir berichteten). "Am Anfang waren alle drei Tage lang im Garten und haben zwei Tage mit dem Theater verbracht", blickt Fachwerk-Geschäftsführer Dr. Ulrich Rauter auf den Wochenplan zurück und zieht schließlich eine erfreuliche Bilanz: "Die Pflanzen im Garten sind gewachsen, die Rollen sind gewachsen und Sie sind gewachsen."

Gruppenmitglied Britta Horsten schrieb das Grundgerüst des Stückes, das die Gruppenmitglieder mit weiteren Texten und Tanzeinlagen füllten. "Es war nicht immer einfach", berichtet Choreographin Annika Splittek. "Ich denke noch an die ersten Rhythmusübungen, die chaotisch waren." Heute sei sie hin und weg über das Ergebnis: "Theater und Tanz stärken das Auftreten".

Von diesen Ergebnissen zeigten sich bei der Premiere 40 Zuschauer begeistert. Im nächsten Jahr werde es eine dritte Auflage geben, versprach Gerburg Dicks. Zwei Gruppenmitglieder hätten sogar bereits Arbeitsstellen gefunden.

(RP)
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