Alpen Behinderten-Sprechstunde mit Wartezeit

Alpen · Bei der Premiere des neuen Behinderten-Beauftragten Karl-Heinz Kohl war im Rathaus richtig viel los.

 Auf Augenhöhe: Karl-Heinz Kohl (l.) im Beratungsgespräch mit Peter Hentschel aus Bönning-Rill.

Auf Augenhöhe: Karl-Heinz Kohl (l.) im Beratungsgespräch mit Peter Hentschel aus Bönning-Rill.

Foto: Armin Fischer

Wer zum Arzt geht, weiß, dass er Wartezeit einkalkulieren muss. Dass es im Flur vor Zimmer 201 in der ersten Etage des Alpener Rathauses an einem Donnerstagnachmittag rappelvoll ist, kommt eher unerwartet. "Ich bin total überrascht", sagt Karl-Heinz Kohl (68), gerade vom Rat bestellter Behindertenbeauftragter. Wenn's eines Beweises bedurft hätte, dass seine Aufgabe wichtig ist, ist der erbracht. Bei seiner Premieren-Sprechstunde gaben sich die Ratsuchenden die Klinke in die Hand.

Vor der Tür kommen die Klienten ins Gespräch über ihre Beschwernisse, über Gott und die Welt. Die Stimmung ist aufgeräumt. "Ich verwarne Ihnen ... Ich danke Sie" - Peter Hentschel (59), gebürtiger Essener aus Bönning-Rill, erzählt die Anekdote über die Bundesliga-Legende "Ente" Lippens. Hentschel ist bester Dinge. Mit seinem ausladenden Elektro-Mobil hat er's mit dem Aufzug problemlos bis in die erste Etage gebracht. Er leidet an Multipler Sklerose (MS) und kann nach dem letzten Schub praktisch nicht mehr gehen. "Bei mir sind's vor allem die Beine. Anderen geht's viel schlimmer", sagt er. Durch seine vielen Klinikaufenthalte wisse er, aus seiner Situation das Beste zu machen. Aber seit er einmal im Monat mit dem DRK-Rollstuhltaxi die von ihm sehr geschätzte MS-Gruppe in Wesel besuche, sei eine Frage offen: "Habe ich Anspruch auf einen Fahrkostenzuschuss?" Angehörige der MS-Gruppe in Wesel bekämen den, in Alpen habe man ihn ans Sozialamt verwiesen. Das versteht er nicht. "Wenn das da geht, warum nicht auch hier?" Die Frage nimmt er mit ins für sein Gefährt fast zu kleine Sprechzimmer. Der ist selber Rollstuhlfahrer und weiß aus eigener Erfahrung, mit welchen Problemen Menschen im Alltag zu kämpfen haben, für die Gehen kaum oder gar nicht möglich ist. So versteht er auf Anhieb, was Seniorin Edith Ohm meint, wenn sie darüber klagt, dass sie im Ort mit dem Rollator häufig in Schräglage gerät. Sie ist in Begleitung ihres Mannes Bernhard. Sie wollen sich erkundigen, wie sie an den Euroschlüssel für Behinderten-Toiletten kommen.

Eine Frau kommt raus. Die 53-Jährige ist seit mehr als einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen arbeitsunfähig. Nun sei ihre Schwerbehinderung anerkannt. Sie ist erleichtert. Kohl habe ihr wertvolle Tipps gegeben, wie sie ihre missliche berufliche Lage meistern kann. Auch der 70-jährige Xantener besteigt, gestützt auf den Gehstock, zufrieden den Aufzug nach unten, auch wenn Kohl ihn an den Kollegen in der Domstadt verwiesen hat. Er möchte seinen Schwerbehindertenausweis verlängern lassen. "Die Sprechstunde ist ein tolles Angebot", sagt der Xantener, "es wird in der älter werden Gesellschaft immer wichtiger." Damit läuft er bei Karl-Heinz Kohl offene Türen ein: "Inklusion ist nicht nur ein Thema für Schulen. Gesellschaftliche Teilhabe betrifft alle Generationen."

Sprechstunde: jeden dritten Donnerstag im Monat, 15 bis 17 Uhr, Rathaus (Z. 201), Telefon 02802 912260.

(RP)
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