Rheinberg Beziehungsdrama landet vor Gericht

Rheinberg · 27-Jähriger aus Rheinberg steht seit gestern wegen versuchtem Totschlag, Freiheitsberaubung, Nötigung und Beleidigung vor Gericht. Er soll seine Ex-Freundin gezwungen haben, ein Koffein-Wasser-Gemisch zu trinken.

Die Anklage wirft ihm versuchten Totschlag, gefährliche Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Nötigung und Beleidigung vor. Doch was sich tatsächlich am 6. Oktober vor drei Jahren in der Wohnung von Sayed D. in Rheinberg, der sich seit gestern vor dem Schwurgericht in Kleve verantworten muss, zugetragen hat, muss die Verhandlung klären.

In einigen Punkten stimmten die Aussagen des Angeklagten, ein 27-jähriger, in Kamp-Lintfort geborener Türke, und die Klägerin, seine ehemalige Lebensgefährtin Sarah B. (24), überein: Sie waren ein Paar, haben einige Monate in Rheinberg zusammengelebt und sich Mitte September 2014 getrennt. Weil sie noch Dinge in der Wohnung hatte, haben sich die beiden noch mal getroffen, und zwar am 6. Oktober 2014. Von da an gehen die Schilderungen auseinander.

Sayed D. schildert den Tag so: Man habe sich am Fitness-Studio getroffen, sei zu seiner Wohnung gefahren. Sie sei ins Ankleidezimmer gegangen, habe getobt, weil ihre Sachen nicht da waren, habe eine Vase genommen, ihn damit beworfen, angefangen, seine Kleidung aus dem Schrank zu reißen. Er habe sie an den Armen festgehalten, in den Flur geschoben, sie habe sich losgerissen, sei in die Küche gelaufen. Auf dem Tisch habe ein Glas mit einem Gemisch aus zwei, drei Teelöffeln Koffein und Wasser gestanden.

Sie habe es an den Mund gesetzt, er will es ihr weggenommen und ausgekippt haben. Seine Ex-Freundin soll sich daraufhin ein Wodka-Glas genommen haben, Koffein hineingetan, Wasser eingefüllt, oben drauf Zitronengranulat. Dann habe sie sich mit dem Glas an den Tisch gesetzt, sei aufgesprungen, habe auf seine Brust getrommelt, "mir ist schlecht" gerufen, sei ins Bad gelaufen. Er hinterher, will den Schlüssel von innen abgezogen haben - "damit sie sich nicht einschließt" - sie habe sich erbrochen. Dann habe es geklingelt, ihre Freundin Chantal F. und eine weitere Freundin seien aufgetaucht und sofort ins Bad gegangen, weil seine ehemalige Lebensgefährtin um Hilfe geschrien habe. Er sei aus der Wohnung abgehauen. "Ich stand voll unter Schock."

Sarah B. hatte gestern eine völlig andere Erinnerung an den 6. Oktober. Sie dreht sich vom Angeklagten weg, als sie im Gerichtssaal unter Tränen anfängt zu erzählen. Davon, dass Sayed D. sehr eifersüchtig gewesen sei, er ihr verbieten wollte, sich mit Freunden zu treffen. Dass sie noch nicht mal an ihrem Geburtstag mit Freundinnen, die draußen warteten, ausgehen durfte. Dass er ihr per SMS gedroht habe, als die Beziehung zu Ende war.

Am Tattag habe er die Wohnungstür direkt hinter ihr abgeschlossen. Ja, sie sei sauer gewesen, als sie gesehen habe, dass viele ihrer Sachen fehlten, habe eine Vase geworfen. Es habe eine Rangelei gegeben, er habe ihr ins Gesicht gebissen, an den Haaren in die Küche geschleift, immer wieder beleidigt. "Meinst du, ich lass dich hier noch lebend 'raus", soll er gerufen und sie gezwungen haben, aus dem Glas mit der Wasser-Koffein-Mischung zu trinken. "Trink! Oder spring vom Balkon." Sie habe vier kleine Schlucke getrunken. Dann sei ihr schlecht geworden, sie habe sich im Bad immer wieder übergeben. Er habe sie dort eingeschlossen, sie habe auf dem Boden gelegen, Todesangst gehabt, ihn angefleht, einen Krankenwagen zu rufen.

Ihre Freundin Chantal F. und eine weitere Zeugin bestätigten gestern die Version der Klägerin, die ihnen im Krankenhaus den Vorfall geschildert hatte. Der Prozess wird morgen um 10 Uhr fortgesetzt.

(RP)
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