Rheinberg Das Ende einer langen Familientradition

Rheinberg · Ernst-Hermann Gehnen (72) war seit 1968 als ehrenamtlicher Deichrechner beim Orsoyer Deichverband für die Mitglieder- und Personalverwaltung zuständig. Er hat das Amt damals von seinem Vater übernommen.

 Viktor Paessens (rechts) bedankte sich als Deichgräf des Deichverbandes Orsoy bei der Verabschiedung ausdrücklich nicht nur bei Ernst-Hermann Gehnen, sondern auch bei dessen Tochter Anja Münster (2.v.l.) und Ehefrau Anette Gehnen, die dem Deichrechner stets behilflich waren.

Viktor Paessens (rechts) bedankte sich als Deichgräf des Deichverbandes Orsoy bei der Verabschiedung ausdrücklich nicht nur bei Ernst-Hermann Gehnen, sondern auch bei dessen Tochter Anja Münster (2.v.l.) und Ehefrau Anette Gehnen, die dem Deichrechner stets behilflich waren.

Foto: Armin Fischer

Seit 82 Jahren kann man beim Deichverband Orsoy schon auf die Dienste der Familie Gehnen zählen. Eine Tradition, die jetzt mit der Verabschiedung von Ernst-Herrmann Gehnen auf dem Bernshof in Orsoy-Land endete. Dem Deichrechner ist das Ehrenamt praktisch in die Wiege gelegt worden. "Mein Vater hat das Amt beim Deichverband Orsoy-Grind 1933 angenommen, meine Mutter war Protokollführerin. Hebezettel- und Hebelisten wurden bei uns am Küchentisch geschrieben, ich durfte die Briefmarken draufkleben", erzählt Gehnen.

Am 1. Juli 1968 hat der Vater das Amt auf den Sohn übertragen, 1700 Hebezettel waren damals anzufertigen, heute sind es rund 4000. Zum Aufgabenbereich eines ehrenamtlichen Deichrechners zählen längst die komplette Mitglieder- und Personalverwaltung, Kataster und unzählige Telefonate. Weil das alleine kaum zu schaffen ist, wurden Ehefrau Annette und Tochter Anja schnell eingebunden, Deichrechner war bei den Gehnens immer schon eine Familienaufgabe. Erst recht, als Ende der 80er Jahre die Großbaustelle "Orsoyer Rheinbogen" in Angriff genommen wurde.

Besonders stolz ist Ernst-Herrmann Gehnen darauf, dass er Großprojekte wie dieses durch geschicktes Taktieren weitestgehend ohne Beitragserhöhungen realisieren konnte. "Auch wenn die Verhandlungen mit den Landwirten nicht immer einfach waren", erinnert sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Rheinberger Sparkasse. Unter den vielen Gästen im ehemaligen Kuhstall vom Bernshof war auch Erik Buschhüter. Der Hochwasserschutzexperte vom Umweltministerium des Landes Nordrhein-Westfalen überbrachte nicht nur den Dank der Landesregierung, sondern hob die langjährige gute Zusammenarbeit hervor: "Mit ihm konnte man schwierige finanzielle Fragen konstruktiv diskutieren. Sie haben nicht nach Problemen gesucht, sondern nach Lösungen."

Bürgermeister Hans-Theo Mennicken bezog seine Dankesworte aus Rat und Verwaltung ausdrücklich auf die Familie Gehnen, ohne die ein solches Ehrenamt kaum möglich gewesen wäre. Ernst-Herrmann Gehnen, der noch für fünf Jahre dem Deichstuhl angehören wird, erhielt zum Abschied eine Golfausrüstung. Eine Anspielung auf etwaige Löcher im Deich ist das aber nicht. Seinem Nachfolger Berthold Schwenke, Geschäftsführer des Deichverbandes Poll, verspricht Gehnen: "Ich denke, ich habe das Amt so verlassen, dass eine gute Weiterarbeit möglich ist." Die gestaltet sich allerdings zunehmend schwerer, was neben seinem Alter von 72 Jahren ein Grund dafür ist, weshalb der Deichrechner nicht mehr weitermachen möchte. "Der Ton ist rauer geworden, Firmen drohen mittlerweile in Verhandlungen sehr schnell mit juristischen Schritten. Hinzu kommt die gesetzliche Situation: Alle Anträge müssen fünf, sechs Mal nachgeprüft werden. Diese übertriebene Bürokratie habe ich nicht mehr verkraftet", so Gehnen.

(erko)
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