Parksünder werden gestraft Der Knöllchenmann von Alpen

Alpen · Markus Felbrach (37) überwacht seit drei Monaten den ruhenden Verkehr in Alpen. Parksünden werden bestraft, da hilft keine Ausrede.

 Seit drei Monaten ist Markus Felbrach im Auftrag des Ordnungsamtes in Alpen unterwegs, um Parksünden zu ahnden. An den Behindertenparkplatz vor der Amaliengalerie müssen sich die Autofahrer noch gewöhnen.

Seit drei Monaten ist Markus Felbrach im Auftrag des Ordnungsamtes in Alpen unterwegs, um Parksünden zu ahnden. An den Behindertenparkplatz vor der Amaliengalerie müssen sich die Autofahrer noch gewöhnen.

Foto: A. Fischer

Keine Frage, der Mann mit Hornbrille steht da wie der personifizierte Respekt: Ein Hüne in dunkelblauer Uniformjacke mit der Aufschrift "Ordnungsamt". Bewaffnet mit einem Handy und einem kleinen Drucker im Hosengürtel, streift er durch Alpen City. Immer zu unterschiedlichen Zeiten. Das macht ihn unberechenbar. Sein Job: Die Jagd auf Knöllchensünder, die beim Parken im Ort gegen wesentliche Regeln verstoßen. Davon gibt es etliche im kleinen Alpen etliche. 155 Knöllchen, die aussehen wie Kassenzettel im Supermarkt, hat der Drucker von Markus Felbrach (37) im Juni ausgespuckt. 133 hat er im Juli hinter Windschutzscheiben geklemmt. Länger ist er noch nicht im Dienst der Gemeinde unterwegs. August ist noch nicht ausgezählt.

Die leichte Abwärtstendenz führt der Knöllchenmann nicht auf schnellen erzieherischen Erfolg zurück, sondern erklärt sie mit der Ferienzeit, die Parkdruck aus dem Dorf nehme, in dem Parkplätze keineswegs rar sind. Im Gegenteil. Zur Jobbeschreibung gehört nicht, das klammer werdende Gemeindesäckel aufzufüllen. Er soll darauf hinwirken, dass sich möglichst alle Parker an die Regeln halten und nicht durch Acht- oder Arglosigkeit andere behindern oder gar gefährden. Deshalb hat ihn Bürgermeister Thomas Ahls eingestellt, für zehn Stunden pro Woche - befristet bis Ende des Jahres. Vorerst.

Für den verwitweten Vater zweier Kinder - fünf und sechs Jahre - war die Ausschreibung der Teilzeitstelle eine gute Möglichkeit, ins Berufsleben zurückzufinden. "Die Arbeitszeit ist flexibel. Ich kann sie so gestalten, dass auch zu Hause alles passt", so der 37-Jährige, der mit seinen Kindern in Veen wohnt. Mitte Mai ist er angefangen. Nach der Einarbeitung geht er seit drei Monaten allein auf die Pirsch. Die RP hat ihn ein Stündchen begleitet.

 Wie ein Kassenzettel: Das Knöllchen kommt aus dem Drucker am Hosengürtel.

Wie ein Kassenzettel: Das Knöllchen kommt aus dem Drucker am Hosengürtel.

Foto: Fischer Armin

Es ist 11 Uhr, die Sonne scheint. Los geht's vom Rathaus am Parkplatz vorbei zur Burgstraße, wo Städteplaner die pulsierende "Mitte" Alpens ausgemacht haben. "Hier könnte ich stehenbleiben", sagt Felbrach. Wie sich schnell zeigen soll, ist das nicht übertrieben. Verstünde er seine Rolle als Wegelagerer, könnte sich Kämmerin Andrea Wessel die Hände reiben.

Vor der Sparkassenfiliale parkt auf dem rot gepflasterten Gehweg ein silberfarbener Kleinwagen. Der setzt sich in Bewegung, als der Mann am Steuer die Ordnungsmacht nahen sieht. "Da stehen oft welche", sagt Felbrach. Links an der Amaliengalerie erspäht er einen Sprinter, der den Gehweg blockiert. Da schaut er großzügig weg. "Das sind Handwerker. Die Baustelle ist ja bald Geschichte." Handwerker lässt er ebenso ungestraft gewähren wie Post- und Paketzustelldienste. "Die machen ihre Arbeit und sind schnell wieder unterwegs."

 155 Knöllchen hat Markus Felbrach im Juni hinters Wischerblatt geklemmt - Tendenz fallend.

155 Knöllchen hat Markus Felbrach im Juni hinters Wischerblatt geklemmt - Tendenz fallend.

Foto: Fischer Armin

Gegenüber am denkmalgeschützten Haus Nr. 23 anno 1841 erspäht er einen weißen BMW, der gegen die Fahrtrichtung abgestellt ist. "Da verstehe ich persönlich keinen Spaß", sagt der Knöllchenmann streng. Er zückt sein Handy, schießt ein paar Beweisfotos und lässt seinen Drucker drucken. 15 Euro kostet den Unbekannten der kleine Denkzettel.

Weniger Meter weiter in Richtung Kirche St. Ulrich weist ein Schild einen Taxi-Stand aus. "Nicht weil in Alpen so viele Taxis fahren", erläutert Markus Felbrach, "sondern, weil Autos an der Stelle den Blick beim Einfädeln aus der Wallstraße verstellen." Er hat den Satz noch nicht ausgesprochen, da fährt ein blauer Pkw in die vermeintliche Lücke. Die Fahrerin aber wittert Ungemach, setzt den Blinker und fährt wieder raus.

"Da muss man sich nicht wundern, wenn keiner mehr nach Alpen kommt", sagt Herbert Nawarotzky, der gerade aus dem Kiosk kommt und den Überwacher des ruhenden Verkehrs bei der Arbeit sieht. Ladenbesitzerin Veronika Thorndorf aber hat Verständnis für den Knöllchenmann: "Auch andere Städte verteilen Strafzettel. Regeln müssen halt eingehalten werden." Etwas außer Atem kommt die Fahrerin des blauen Pkw angehetzt, die gerade vom Taxistand gerollt ist. Die Sorge steht ihr ins Gesicht geschrieben. "Haben sie mich aufgeschrieben? Ich habe doch nur . . ." Markus Felbrach schüttelt den Kopf. Ihre Miene entspannt sich.

In dem Moment biegt der Mann im kleinen Silbernen vom Gehweg vor der Sparkasse um die Ecke. Er stoppt, lässt die Scheibe runter: "Ich habe nur eben meine 96-jährige Mutter da rausgelassen." Schon gut. Der Ordnungsmann zieht weiter. Vor wenigen Tagen ist der Behindertenparkplatz vor das Ärztehaus Amaliengalerie verlegt worden. Ein schicker Smart hat sich dorthin verirrt, ohne Ausweis. Der gelernte Vermessungstechniker holt sein Handy raus, da kommt der Fahrer. Der entschuldigt sich, sieht seinen Fehler sofort ein. Felbrach steckt sein Handy wieder ein. Er ist kein Hardliner. Mit ihm kann man reden.

Doch handeln lässt er nicht mit sich. "Neulich habe ich einem Falschparker gesagt, dass ich das Verwarngeld nicht zurücknehme, er aber Widerspruch einlegen kann. "Da hat er abgewinkt. Zu viel Aufwand. Am nächsten Tag war der Widerspruch da. Mehrere Seiten."

Parksünder seien um keine Ausrede verlegen. Doch der Ton in Alpen halte sich, auch wenn mal der Kamm schwillt, im Rahmen. "Da sind meine Kollegen in anderen Kommunen sicher ganz Anderes gewöhnt", lobt Markus Felbrach die Autofahrer vor Ort. Weiter geht's die Lindenallee hoch Richtung Adenauerplatz. "Viele wissen nicht, dass auch auf der Straße vor der Volksbank Parkscheibenpflicht herrscht." Dann deutet er auf einen mintgrünen Kleinwagen auf dem Willy-Brandt-Platz. Den hat er vor der Bank mehrfach was hinters Wischerblatt geklemmt. "Jetzt ist die Lektion offenbar verstanden." Geht doch.

Dann geht's zurück zum Rathaus. Passanten grüßen freundlich. Der Mann in der blauen Uniformjacke ist kein Unbekannter mehr auf den Straßen. Er ist das Gesicht der Verwaltung. "Viele sehen in mir einfach einen Ansprechpartner", erzählt Felbrach. "Auf der Straße kommt man schnell mit den Menschen ins Gespräch." Der Knöllchenmann als niederschwellige Kommunikationsplattform - ein Plus an Bürgernähe. Respekt.

(RP)
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