Alpen Die Hauptschule macht das Licht aus

Alpen · Das letzte Führungs-Duo Hans-Peter Becker und Hermann Terboven hat eine Chronik verfasst. Das 64 starke Heft wird beim Abschlussfest, das keine Trauerfeier werden soll, am Freitag, 30. Juni, verkauft. 500 Ehemalige werden erwartet.

 Die ehemaligen Schulleiter Hans-Peter Becker und Hermann Terboven (r) mit der Chronik in der Hand.

Die ehemaligen Schulleiter Hans-Peter Becker und Hermann Terboven (r) mit der Chronik in der Hand.

Foto: Bernfried Paus

Das Schuljahr neigt sich dem Ende. Für die Hauptschule gehen mit dem Beginn der Sommerferien die Lichter aus. Endgültig. Die 50 hat sie nicht ganz geschafft. Das Aus kommt nach 49 Jahren. Morgen wird die Schule feierlich beerdigt. Rund 500 der 4500 Ehemaligen, die dort fit gemacht worden sind fürs Leben, werden erwartet, wenn die Schulform in Alpen ihre letzte Lebensäußerung von sich gibt. Dabei flackert die Vergangenheit noch einmal auf. In der Dunkelheit der Nacht werden auf dem Schulgelände 2000 Teelichter angezündet, um ausgeblasen zu werden. Ein symbolischer Akt. "Wir machen das Licht aus" ist das Fest überschrieben, das keine Trauerfeier sein soll.

Dafür, dass die Hauptschule mit all ihren Facetten nicht in Vergessenheit gerät, haben zwei Männer gesorgt, die in der Hauptschule viele Jahre das Heft in der Hand hielten. Hans-Peter Becker und Hermann Terboven, haben eine Schulchronik verfasst, die vor der großen Abschiedsfeier fertig geworden ist.

Das Hochglanz-Heft (DIN A 4) in Zahlen: 1000 Exemplare, 64 Seiten, fünf Euro pro Heft ("Watt nix kost', iss nix"). Seit Jahresbeginn haben die pensionierten Pädagogen sich regelmäßig getroffen, die Ergebnisse ihrer Recherchen in Zeitungsarchiven, in den handschriftlichen Aufzeichnungen des ersten Schulleiters Karl Trepesch (1969 bis 1981), in der ausführlichen Chronik dessen Nachfolgers Alfons Graefenstein (1982 bis 1996) und aus dem eigenen Fundus zusammenzutragen.

"Unmengen an Material. Wir mussten uns beschränken", so Hermann Terboven, Computer-Freund und als Redaktionschef zahlreicher Abschluss-Zeitungen geübt im Verfassen von Erinnerungsheften. Die Zeitung des Licht-aus-Jahrgangs trägt den unbescheidenen Titel: "Mit dem Abschluss in den Händen, werden Helden zu Legenden" - dazwischen als optische Verstärkung das Superman-Logo. Terboven hat für die Schulchronik zahllose Bilder eingescannt, vor allem Zeitungsartikel so bearbeitet, dass sie im Druck was hermachen und vor allem lesbar sind. "Wir wollten zeigen, dass sich unsere Schule durch gute Arbeit und besondere Schwerpunkte einen ausgezeichneten Ruf in der Schullandschaft erworben hat."

Es geht chronologisch los mit der Geburtsstunde am 9. August 1969. Die Zwergschulen Alte Börry auf der Bönninghardt, St. Heinrich in Bönning-Rill und die Thorenhofschule in Veen waren Geschichte. Die neue Hauptschule wird im Gebäude der St.-Ulrich-Schule in Alpen untergebracht - anfangs mit 466 Kindern in zwölf Klassen. Es fahren Schulbusse. Kinder aus Menzelen-Ost gingen in Büderich zur Schule.

Erster Rektor war Karl Trepesch. Die Raumnot war groß. Klassen wurden ausgelagert. Im September 1974 zieht die Hauptschule komplett zur Bönninghardt mit einem festen Gebäude und Pavillons, die im Winter mit Ölöfen beheizt wurden. Erst fünf Jahre später ist der Neubau an der Fürst-Bentheim-Straße bezugsfertig. 1981 übernimmt Alfons Greafenstein, Vater von sieben Kindern, das Ruder. Das neue Gebäude und das engagierte Kollegium verschaffen der Schule einen ausgezeichneten Ruf. 1987 wird die Schule landesweiter Schrittmacher für Infomatik im Unterricht. Und: 1990 wird die Fünf-Tage-Woche eingeführt. 1996 wird Peter Becker neuer Schulleiter, Hermann Terboven sein Stellvertreter. Der Vize übernimmt, als der erste Mann in Ruhestand geht. Das war vor zwei Jahren. Nun ist auch Terboven schon ein Jahr Pensionär. Tilman Latzel, Chef der Sekundarschule, führt die Geschicke des letzten Hauptschuljahrgangs - "bis das Licht ausgeht". Alle Jahrgänge sind aufgelistet, alle Klassen mit Klassenlehrern - darunter in Stichworten die wichtigsten Ereignisse - eine Fundgrube für Leute mit Sinn für Details. Ein Steinbruch die vielen Seiten mit Artikeln, vornehmlich aus der RP, die das vielfältige schulische Leben in den Jahrzehnten anschaulich dokumentieren. Angefangen von der Einweihungsfeier für "Alpens größtes und teuerstes Bauwerk", wie die RP über die Einweihung des Neubaus titelte, über die Schulleiterwechsel (Trepesch: "Es ist meine persönliche, wahrscheinlich subjektive Auffassung, dass die Leistungen der Schüler schlechter geworden sind") bis hin zu außerunterichtlichen Schwerpunkten.

Es gab unvergessliche Highlights: das 1,2 Quadratmeter kleine Energiesparhaus, das Schüler mit Lehrer Heinz Uellenberg gebaut haben, den Mathe-Unterricht in der Badewanne vor Fernsehkameras, 21 Menschen in einem VW-Käfer sowie Drei-D-Ansichten" von Europa beim Comenius-Projekt mit Partnern in England und Frankreich.

Menschen haben der Schule ein unverwechselbares Gesicht gegeben - Lehrer und Schüler, von denen nicht wenige beachtliche akademische Karrieren gemacht haben. Viele waren begehrte Nachwuchskräfte vor Ort, wo sie heute bedeutende Positionen bekleiden. Die 15-jährige Partnerschaft mit der Firma Lemken hat sich für beide Seiten sehr bezahlt gemacht.

Unvergessen sind auch Leute wie der verstorbene Busfahrer "Hansen" Körwers, beliebt bei den Kindern und mit natürlicher Autorität gesegnet, hat er manchem Burschen den rechten Pfad gewiesen und Rektor "Stoney" Graefenstein auf dem Kutschbock in den Ruhestand gefahren. Und da ist Alt-Bürgermeister Hans Coopmann, ein großer Förderer der Schule. Aus seiner Erfahrung der Nazi-Herrschaft - er rief "Drei Liter" statt "Heil Hitler" - lag ihm die politische Bildung sehr am Herzen. Mit einer Spende anlässlich seines 80. Geburtstages hat er bis zuletzt Besuche im Landtag und im Haus der Geschichte in Bonn finanziert.

Am Freitag wird der letzte Jahrgang nach einem Gottesdienst in der Evangelischen Kirche (16 Uhr) ab 17 Uhr in der Aula des Schulzentrums verabschiedet. Ab 19.30 Uhr gibt es das Ehemaligentreffen mit 49 Jahrgängen und die "Wir machen das Licht aus"-Feier.

(RP)
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