Rheinberg Die junge Garde entert den alten Tanker SPD

Rheinberg · Erneuerung ist jetzt: Die Rheinberger Jusos nehmen die Neuausrichtung der Partei in Angriff und drängen in die Führung des Ortsvereins.

"Wann ist Erneuerung?" Die Frage, wie der alte Tanker SPD wieder flott gemacht werden kann, hat Unterbezirksvorsitzender René Schneider spätestens seit der verlorenen Landtagswahl - er konnte sein Mandat vereidigen - immer wieder umgetrieben. Die Antwort haben ihm bei der Hauptversammlung des Ortsvereins im Orsoyer Hof die Rheinberger Jungsozialisten (Jusos) auf höchst eindrucksvolle Weise gegeben: Jetzt.

Der Parteinachwuchs sicherte sich über eine Satzungsänderung nicht nur einen festen Platz am Vorstandstisch. Er stellt seinem Beauftragten Philipp Richter gleich ein halbes Dutzend junger Weggefährten zur Seite. Das alles mit ausdrücklichem Wohlwollen derer, die einst zu Willy Brandts Zeiten das rote Parteibuch genommen hatten oder zu der Zeit, als sie Kanzler Kohl aus dem Amt drängen wollten.

Niklas Blaas (21) machte bei der Vorstellung als Bewerber fürs Amt des Distriktbeauftragten in Budberg locker flockig deutlich, dass die neue Zeit längst begonnen hat: "Ich bin unter Schulz eingetreten." Mit voller Stimmenzahl erhielt er den Job, für die SPD "neuen Schwung nach Budberg" zu bringen.

Schon bei der Wahl zum Vize hinter dem unangefochtenen Spitzengenossen Peter Tullius (60) - er bekam 100 Prozent der Stimmen - brachte sich mit Sarah Bührt (25) eine junge Frau in Position. Sie verkörperte, wenn auch mit ein wenig zu häufigen "Supi"-Bekundungen, "Lust auf Kommunalpolitik". Die angehende Kauffrau saß bereits für die SPD im Neusser Stadtrat und lebt seit zwei Jahren in Ossenberg.

Der zweite Partei-Vize Achim Körber (58), ein alter Fahrensmann, befleißigte sich angesichts des Ansturms der Jungen, darauf hinzuweisen, dass auch er in 80ern mal Vorsitzender der Rheinberger Jusos war.

Damit die aktuellen Jusos - im vorigen Jahr von fünf auf 25 Mitglieder angewachsen - wussten, über wen sie abstimmen sollten, stellte sich Schatzmeister Friedhelm Kung (57) als der vor, der seit 16 Jahren zeigt, "dass auch Sozis mit Geld umgehen können". Mit seinem Job sind alle hochzufrieden. Der ewige Kassierer gab sich generös: Die im Vorjahr für Juso-Aktionen geflossenen 368 Euro seien "ausbaufähig". Von sechs Besitzern im Vorstand sind jetzt vier im Juso-Alter. Wie Hannah Bollig - die Juso-Chefin ist inzwischen René Schneiders "Wahlkreismanagerin", damit die Erneuerung Kreise zieht. Er empfahl den Genossen drei Tugenden: Haltung zeigen, Handwerk beherrschen, Stil bewahren. Die Formel für den Weg aus dem Tal hat er den Jungen vom Maul abgeschaut: "Wir müssen uns auch mal richtig geil finden." Am Ende des langen Abends wurde es dann doch noch traditionell: Tullius spielte die Internationale. Der Text wurde eingeblendet. Digital. Die Zeiten sind so.

(bp)
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