Rheinberg Ein neues Leben in Kanada

Rheinberg · Familie Ernst aus Menzelen-West wandert aus. Marc Ernst hat in der Nähe von Winnipeg bereits am 1. April einen Job als Lkw-Fahrer angetreten, im Juni kommt Ehefrau Alice mit den Kindern Vanessa und Marius nach.

Es soll für immer sein. Zurückkommen — daran ist nicht gedacht. "Wir wandern nach Kanada aus, und wir wollen dort bleiben", sagt Alice Ernst. Die 39-jährige Menzelenerin, ihre Tochter Vanessa (15) und ihr Sohn Marius (13) werden am 21. Juni in die Maschine steigen und ein neues Leben auf der anderen Seite des Atlantiks beginnen. Ehemann Marc Ernst (38) ist schon drüben: Am 1. April hat er einen Job als Lkw-Fahrer bei einer Spedition angetreten, wird zunächst in einer Pension leben und nach einer Wohnung für die Familie suchen. Alice Ernst: "Wir gehen später nach, damit die Kinder die Schule hier beenden können." Vanessa und Marius besuchen die Hauptschule Alpen und wechseln bald auf die Highschool.

Ein Ort mit dem sehr deutschen Namen Steinbach, mit 12 800 Einwohnern (davon mehr als 7000 deutschstämmige) so groß wie Alpen und 70 Kilometer südlich von Winnipeg gelegen — das ist der künftige Heimatort der Familie, die bisher an der Schulstraße in Menzelen-West gewohnt hat. Winnipeg hat 680 000 Einwohner und liegt in der Provinz Manitoba, das Ganze rund 150 Kilometer von der US-amerikanischen Grenze entfernt.

Alles auf Neustart

Wer auswandert, der bricht seine Zelte ab und setzt auf Neustart. Was ist der Grund für einen solchen Aufbruch? "Wir möchten mal was anderes ausprobieren", erzählt Marc Ernst, der zuletzt im Abfallentsorgungszentrum Asdonkshof in Kamp-Lintfort beschäftigt war. Er hat Verwandte in Toronto, die er schon zweimal besucht hat. "Und meine Eltern haben früher mal vier Jahre in Kanada und acht Jahre in Los Angeles gelebt. Das hat mich geprägt", so Marc Ernst.

Von der Entscheidung der Erwachsenen waren die Kinder zunächst gar nicht begeistert. "Vor allem meine Tochter nicht", gesteht Alice Ernst. "Das ist für beide kein leichter Schritt." Sie selbst werde besonders die vielen Freunde und Verwandten vermissen, für die es im März bereits eine große Abschiedsparty gegeben hat. "Viele wollen uns auf jeden Fall in Kanada besuchen kommen", so Marc Ernst, der gut Englisch spricht. Er weiß: "Deutsche sind in Kanada gern gesehen. Sie gelten als fleißig, pünktlich und ordentlich."

Die Menzelener haben sich natürliich Fernsehserien wie "Die Auswanderer" angeschaut und sich mitunter über die Naivität mancher Zeitgenossen gewundert. "Wir lernen aus den Fehlern anderer", räumt Alice Ernst ein und erklärt, wie sie und ihr Mann sich auf den Wechsel vorbereitet haben: "Viel lesen, Internetforen besuchen, möglichst an alles denken. Bei einer Familie in Steinbach sind wir schon zum Barbecue eingeladen." Während sie dies erzählt, fällt der Blick auf ein Buch mit dem Titel "Abenteuer Kanada", das auf dem Wohnzimmertisch liegt.

Das ganze Leben in 30 Kartons

Zwar wandern auch die drei Katzen Bonny, Clyde und Carlos mit aus, doch kann man nicht den gazen Hausstand mitnehmen. Alice Ernst: "Wir packen unser ganzes Leben in 30 Kartons. Da muss man schon genau überlegen, was man mitnimmt und was nicht."

Das neue Leben will die Familie anders angehen. Alice Ernst: "Vor allem den Güterkonsum drosseln, wir wollen alles kleiner und bewusster halten." Wichtig sei, dass die Familie zusammenhalte — "dann wird das schon gutgehen". Vielleicht kommen die Eltern von Marc, beide 77, nach. Dann kann das Familienleben in Steinbach so laufen wie bisher in Menzelen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort