Alpen Junger Syrer lernt Koch in Burgschänke

Alpen · Yasser Al Jazea (17) hat nach seiner Flucht als Praktikant im Alpener Gasthof überzeugt und einen Lehrvertrag erhalten.

 Chef-Koch Frank Sieger (rechts) hat einen ausgezeichneten Eindruck von seinem künftigen Lehrling: "Yasser passt sehr gut ins Team."

Chef-Koch Frank Sieger (rechts) hat einen ausgezeichneten Eindruck von seinem künftigen Lehrling: "Yasser passt sehr gut ins Team."

Foto: Armin Fischer

Schon als 15-Jähriger hat Yasser Al Jazea in der Küche gestanden. Im Hotel Vier-Jahreszeiten in Damaskus - da war sein ältester Bruder Küchenchef. Und da wollte der Junge Koch werden. Doch der Krieg in Syrien durchkreuzte seine Pläne. Mit seinem Bruder Ali musste fliehen. Knapp einhalb Jahre später unternimmt Yasser einen zweiten Anlauf, seinen Traumberuf zu erlernen. Jetzt hat er im Hotel-Restaurant Burgschänke einen Ausbildungsvertrag unterschrieben. Sein 28-jähriger Bruder hat als Vormund gegengezeichnet. Der Lehrling wird erst am 1. August, am ersten Tag seiner Ausbildung, volljährig.

Die beiden Brüder haben ihrer vom Krieg zerstörten Heimat den Rücken gekehrt, mussten ihre Eltern zurücklassen. Von der Türkei aus ging's mit dem Boot übers Mittelmeer nach Griechenland. Ihr Weg führte über die Balkan-Route - "Wir sind sehr viel gelaufen" - bis nach Deutschland und endete schließlich vor 14 Monaten in Alpen am Niederrhein. "Die palästinensische Familie lebte auch in Syrien bereits in der dritten Generation als Flüchtlinge und konnte dort nicht bleiben", erzählt Astrid Kummer, Flüchtlingskoordinatorin in Alpen. Inzwischen seien die Brüder hier ohne Einschränkung als Flüchtlinge anerkannt. Status: "Staatenlos". Yasser und Ali, ein ausgebildeter Englisch-Lehrer, teilen sich eine Wohnung in Bönning-Rill.

 Die Unterschrift des 17-Jährigen allein reicht nicht. Sein Bruder Ali musste als Vormund auch noch zeichnen.

Die Unterschrift des 17-Jährigen allein reicht nicht. Sein Bruder Ali musste als Vormund auch noch zeichnen.

Foto: bp

Yasser besucht seit Beginn des Schuljahres eine Flüchtlingsklasse am Berufskolleg in Wesel. Und da ist ein regelmäßiges Berufspraktikum Teil des Unterrichtsplans - einen Tag in der Woche in einem Betrieb, um den beruflichen Alltag in Deutschland kennenzulernen. Astrid Kummer hat für Yasser in der Burgschänke nachgefragt und ist auf offene Ohren gestoßen. Hotelier Wolfgang Gödeke und Küchenchef Frank Sieger willigten "spontan" ein. "Auch wenn wir vorher mal nicht ganz so gute Erfahrungen gemacht haben", sagt Gödeke.

Aber der 17-jährige Syrer, der ganz passabel Deutsch spricht, "passt sehr gut ins Team", so Sieger. Der freundliche junge Mann hat in den Sommerferien, damals wohnte er noch in Veen, ein mehrwöchiges Schnupper-Praktikum in der Burgschänke absolviert und mit Beginn des Schuljahres einmal in der Woche in der Küche gestanden.

"Zuverlässig, pünktlich und immer gut gelaunt", beschreibt ihn sein künftiger Ausbilder. "Man merkt, dass er motiviert ist und was lernen will", sagt Frank Sieger. Liebe zum Beruf sei eine unverzichtbare Basis für eine erfolgreiche Ausbildung. Typisch deutsche Küche ist Yasser zwar noch ein wenig fremd, aber Kraut- und Gurkensalat kann er schon, sagt sein Chef. "Und auch Salat-Teller dekorativ anrichten", ergänzt Wolfgang Gödeke.

Ihm imponiert, dass der Junge bei Wind und Wetter angeradelt kommt ohne zu klagen, "auch wenn's draußen mal richtig suppt". Yasser wiegelt ab und lächelt. Alles halb so wild. "Sind ja nur zehn Minuten." Er trockne sich ab und tausche seine nasse Kleidung mit dem Koch-Outfit, das er im Spind im Gasthof aufbewahrt.

Der junge Syrer freut sich, dass er bald als einer von drei Koch-Lehrlingen jeden Tag in der Küche stehen darf und viel lernen kann über seine neue Heimat: "Alle sind sehr nett und helfen", sagt er. "Und ich kann Deutsch sprechen. Es ist schön hier." Das i-Tüpfelchen: Die Küche ist nach dem Umbau ins neue Hotel hinein viel geräumiger und moderner geworden.

Seine Chefs sind zuversichtlich, dass das neben der Praxis am Herd auch mit der Theorie in der Berufsschule gut klappen wird. "Wir sind beide in den Prüfungsausschüssen und werden, falls es Probleme gibt, in Absprache mit den Lehrern hinkriegen", sagt Wolfgang Gödeke.

Noch ist es ein weiter Weg, bis er auch zu Hause am Herd stehen darf. "Für uns koche ich", sagt Ali. "Und das sehr gut", lobt Astrid Kummer. Ali besucht einen Integrationskurs und möchte "gerne studieren, wenn ich die Chance dazu bekomme". Sollte es so kommen, könnte sein kleiner Bruder fürs Essen sorgen.

(RP)
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