Rheinberg Kabarett: Kapitalismus mit Karnevalsmütze

Rheinberg · Mit dem Megaphon in der Hand geht Kabarettist Max Uthoff durch die Publikumsreihen im Stadthaus. "Wer immer dasselbe sagt, hat recht", tönt es aus der Flüstertüte. Es folgen weitere Plattitüden wie "Mittelstand goes Kultur". Die gemeine Obszönität der Welt eben. "Ich werde Sie schon müde bekommen", sagt er irgendwann im Verlauf des Abends.

Vielleicht auch, weil er sein Publikum mit seinem Rundumschlag intellektuell strapaziert, weil er ein enormes Sprechtempo vorlegt. Also nichts für menschliche Komfortzonen. Aufmerksamkeit wird vorausgesetzt. Zu dem Zeitpunkt hat Max Uthoff Welt längst in die Lager Kapitalismus und Neoliberalismus eingeteilt. Was ist aus dem System Kapitalismus geworden, "das sich in der Karnevalsmütze der sozialen Marktwirtschaft" präsentiert?

Selbst der Rückblick auf jüngste politische Ereignisse wie das Treffen der G 20-Theatertruppe, "genau 19 Nationen und Italien", ist geschafft. Kein Zweifel, die Bundesrepublik mit ihren Parteien liegt vor Uthoff auf dem Seziertisch des politischen Kabaretts, und Angela Merkel, als "Concierge der Nation", hält die Hausordnung ein. Von wegen Weimarer Zeiten, auch wenn sie einfach die Bundestagswahl um fünf Monate verlängert hat. Max Uthoff ist davon direkt betroffen. Am Tag der Bundestagswahl ist er 50 geworden.

Zur aktuellen politischen Situation befragt er sein Publikum. Keiner findet die Groko gut, "eher eine Minderheitsregierung". Gespannt ist Uthoff auf die neue Konstellation Merkel-Nahles und auf SPD-Hoffnungsträger Olaf Scholz. In Nahles wittert er die Verräterin der Arbeiterschaft, die als Arbeitsministerium daran mitgewirkt habe, das Streikrecht zu zerschlagen. Einen Vorgeschmack auf die nächsten Jahre sei schon durch die öffentliche Demontage von Jens Spahn gegeben, den Merkel zum Gesundheitsminister machen will.

Uthoff redet sich in Rage, kein Berliner Politkopf ist vor ihm sicher. Auch die CSU liefert ihm, der in München lebt, das Ausgangsmaterial, das er messerscharf analysiert und für seine "Gegendarstellung" neu kombiniert. Dobrindt, dem juristische Tiefenschärfe fehle, Söder und Seehofer, sie alle hat er ihm Blick. Zu toppen sei diese Gemengelage durch die AfD, die "inhaltlich kaum von der FDP abzugrenzen" sei. Gibt es überhaupt noch eindeutige politische Profile, hat sich Politik nicht schon längst entpolitisiert?

Uthoff, gelernter Jurist, langt verbal kräftig hin, bröselt Leiden und Launen der Menschheit, Armut, Reichtum und die Religionen dieser Welt auf. Manchem bleibt dabei bisweilen das Lachen bei der durchdeklinierten Gegendarstellung im Hals stecken.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort