Rheinberg Mitch Ryder: Songs, die noch immer unter die Haut gehen

Rheinberg · Er war wieder da, und er war besser denn je. Sechs Tage vor seinem 71. Geburtstag rockte sich Mitch Ryder durch seine 50 Jahre währende Rock'n'Roll-Historie. Wie immer, wenn der legendäre Sänger aus Detroit in den Schwarzen Adler nach Vierbaum kommt (und das war schon oft der Fall), platzt der Laden förmlich aus allen Nähten. Das war auch jetzt so: Es war kuschelig eng wie in einer Sardinenbüchse.

Mister Ryder, wie seit vielen Jahren auch bei dieser Tour live begleitet von der ganz hervorragenden Berliner Band "Engerling", war bestens aufgelegt. Er sei alt, aber gesund und er fühle sich gut, kokettierte der Alt-Rocker mit schwarzem Hit und dunkler Sonnenbrille. Möglicherweise hat das auch mit seiner deutlich jüngeren Frau zu tun, die im Adler mit dabei war. Dass er die Worte auf seiner Song-Liste kaum noch erkennen konnte, nahm er mit Humor, bat sogar einen Fan in der ersten Reihe: "Kannst du das lesen? Beim nächsten Mal schreibe ich das in Braille-Schrift auf." Sprach's, bevor dem Sänger ein knarziges, raues Lachen aus der Kehle fuhr.

Mitch Ryder - das ist ein echtes Stück Rock'n'Roll-Geschichte. Ein ewiges Auf und Ab. Durchbruch in den späten sechziger Jahren in den USA mit den "Detroit Wheels", dann der Absturz. Alkohol, Drogen, Misserfolge - das Übliche. In den Siebzigern dann die nächste Etappe. 1978 kam William Levise jr, wie der Musiker bürgerlich heißt, erstmals nach Deutschland. Die innige Beziehung zu diesem Land besteht bis heute. Hier startete er erneut durch, trat 1979 im "Rockpalast" vor 30 Millionen Fernseh-Zuschauern auf, wurde wieder ein Star. Bis zum nächsten Flop: Ryder, der ewige Rebell, das Rock'n'Roll-Tier, das Enfant Terrible, hatte sich wieder mal selbst ein Beinchen gestellt.

In den vergangenen 20 Jahren erleben wir einen erwachsenen, einen gereiften Mitch Ryder. Seine Stimme, die weiterhin die höchsten Tonlagen erklimmen kann, geht immer noch unter die Haut. Und rockt. "Gimme Shelter", der Klassiker der Stones, fester Bestandteil seines Repertoires, ist ihm in Fleisch und Blut übergangen. Aber heute wirkt er mehr wie ein edler Singer/Songwriter. Tolle Songs, gute Band, besondere Atmosphäre.

Im "Adler" brachte er Songs aus eigener Feder wie "Ain't nobody white" oder das neuere "One hair from desaster", traute sich aber auch an James Browns "Living in America". Und mit "It Ain't Easy" vom Ziggy-Stardust-Album sang er eine Hommage an den kürzlich verstorbenen David Bowie. So ist Mitch Ryder 2016. Ein großartiger Abend.

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