Rheinberg Neue Hilfe für Bosnien

Rheinberg · Heribert Hölz ist von seiner 86. Reise nach Bosnien zurückgekehrt. 22 Jahre nach Ende des Bürgerkrieges liegen Teile des Landes immer noch in Trümmern, viele Menschen sind auf die Hilfe aus Deutschland angewiesen. Das werde auf Dauer so bleiben, befürchtet der Bosnienhelfer.

 Ursula Hölz mit Mitgliedern einer fünfköpfigen Familie, die von 200 Euro im Monat lebt.

Ursula Hölz mit Mitgliedern einer fünfköpfigen Familie, die von 200 Euro im Monat lebt.

Foto: hölz

Zum 86. Mal war Heribert Hölz jetzt in Bosnien, und erneut zeigt er sich nach der Rückkehr erschüttert von der Not der Menschen dort. Insgesamt 1700 Kilometer fuhr Hölz innerhalb einer Woche zusammen mit seiner Frau Ursula kreuz und quer durchs Land. Den Kleinbus samt Fahrer und einen Dolmetscher bekam er wie immer vom lokalen Caritasverband gestellt. Es war die erste Reise nach dem Silberjubiläum der Bosnienhilfe der Duisburger Caritas im März.

 Die gebrauchten Traktoren hat Heribert Hölz für ein landwirtschaftliches Hilfsprojekt gekauft.

Die gebrauchten Traktoren hat Heribert Hölz für ein landwirtschaftliches Hilfsprojekt gekauft.

Foto: hölz

Hölz, der 1992 den ersten Hilfstransport in das vom Bürgerkrieg erschütterte Land auf die Räder gebracht hatte, besuchte Familien und Hilfsprojekte. Er hatte rund 70.000 Euro Spendengelder vom Niederrhein - auch wieder aus Rheinberg - dabei, die er "verteilte". Wo möglich, versuchen Hölz und seine Mitstreiter Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. So hat der Caritasverband ein neues landwirtschaftliches Projekt aufgelegt: "Wir haben zwei gebrauchte Traktoren gekauft", so Hölz. "Mit denen werden brachliegende Ländereien bewirtschaftet."

 Die von der Caritas gespendeten Schafe sind für den Bosnier eine erste "Hilfe zur Selbsthilfe".

Die von der Caritas gespendeten Schafe sind für den Bosnier eine erste "Hilfe zur Selbsthilfe".

Foto: hölz

Auch diesmal begegnete der 74-Jährige Menschen, deren Schicksal ihm nah ging. Wie das einer muslimischen Familie in einer Kleinstadt nahe Sarajewo: Fünf Personen - ein Ehepaar, eine erwachsene Tochter, ein Sohn und die 83-jährige Großmutter - hausten in einem klapprigen Häuschen. Das 57-jährige Familienoberhaupt war arbeitslos. "Sie alle lebten von 200 Euro staatlicher Unterstützung für den körperlich und geistig schwerbehinderten Sohn." Die Familie habe im Land Bekanntheit erlangt: Im eisigen Winter hatte der Vater Brennholz im Wald gesammelt - und kam prompt wegen Diebstahls vor Gericht. Die Richterin sei so gerührt gewesen, dass sie einen Zeitungsbericht initiiert habe, um der Familie zu helfen. Hölz: "Die Resonanz war null." Schließlich habe eine Ordensschwester aus Sarajewo Geld für die Familie gesammelt, um ihr eine Kuh zu kaufen. Und nachdem die Familie sich mit einem Dankesbrief an den Kardinal von Sarajewo gewandt hatte, empfing der höchste geistliche Würdenträger des Landes den armen Familienvater, nannte den Moslem seinen Bruder und sicherte ihm Hilfe zu. "Es gibt keinen katholischen Hunger", unterstreicht auch Heribert Hölz. "Wir helfen allen Volksgruppen." Insgesamt 158.000 Euro an Spenden hat er allein im vergangenen Jahr nach Bosnien gebracht. Für eine Alten- und Krankenhilfe durch Krankenschwestern werden 25.000 Euro jährlich gebraucht. Eine Suppenküche in Zenica werde mit 30.000 Euro finanziert. "Wir geben täglich 121 Essen aus." Das sei nicht viel für eine Stadt mit 130.000 Einwohnern, in der die Arbeitslosigkeit bei 70 Prozent liegt. Bei seiner letzten Reise hat Hölz auch 25 neue Familienpatenschaften angebahnt: 50 Euro pro Monat bekommen die bedürftigen Familien. "Wir haben immer rund 70 Patenschaften, die auf ein Jahr befristet sind."

Auch 22 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs seien ganze Landstriche Bosniens verwüstet und die Menschen auf Hilfe angewiesen. Hölz befürchtet, dass dies auf Dauer so bleibt. "Es fehlt ein Wir-Gefühl in Bosnien", sagt der Neukirchen-Vluyner. "Nicht bei den einfachen Leuten, aber bei den Politikern. Das Land zähle zu den korruptesten der Welt. "Fast die Hälfte des Bruttosozialprodukts fließt in die Verwaltung." Insgesamt 150 Minister schaufelten sich die Taschen voll, während vielen alten Menschen 50 Euro Rente blieben. "Das ist doch ein Hohn!" Deshalb sammelt Hölz weiter Spenden. Im September reist er wieder nach Bosnien.

(RP)
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