Alpen "One" - Musik, die Menschen verbindet

Alpen · Das neue Album der Weltmusikerin Judy Bailey aus Menzelen-West ist auch von der Flüchtlingswelle beeinflusst.

 Judy Bailey aus Menzelen-West hat ihr neues Album veröffentlicht. In ihrer Band spielt auch Ehemann Patrick Depuhl (rechts).

Judy Bailey aus Menzelen-West hat ihr neues Album veröffentlicht. In ihrer Band spielt auch Ehemann Patrick Depuhl (rechts).

Foto: Alex Kuehr

Chart-Erfolge, namhafte Produzenten, weltweite Auftritte vor einem Riesen-Publikum - das hatte Judy Bailey alles schon. Das sei alles toll gewesen und sie habe auch nichts dagegen, dass ihre Musik erfolgreich sei. "Aber", so erzählt die seit elf Jahren in Menzelen-West lebende Musikerin, "wir legen es nicht darauf an. Für uns ist es viel wichtiger, unabhängig zu sein und das machen zu können, was wir wollen." Denn der ganz große Erfolg habe auch seinen Preis.

Judy Bailey wird bald 48 Jahre alt, sie ist seit 18 Jahren mit Patrick Depuhl verheiratet, die beiden haben drei Kinder: Levi (12), Noah (9) und Jacob (6). Die ganz großen Reisen werden zurückgefahren. "Wir haben nach wie vor Anfragen für Konzerte zum Beispiel in Tansania, aber da sind wir eher zurückhaltend", sagt sie. Bei Judy Bailey ist die Musik Familiensache. Patrick Depuhl gehört nicht nur fest zur Bailey-Band, er ist seit mehr als 20 Jahren auch wichtiger Organisator, Produzent und Berater. "Patrick macht 1000 Sachen", sagt Judy Bailey.

Mit "One" ist jetzt das inzwischen zwölfte Album der aus Barbados stammenden Sängerin, Gitarristin, Komponistin und Texterin erschienen. Es ist ein reifes, erwachsenes Weltmusik-Album geworden, das musikalische Vielfalt zwischen Pop und Gospel, zwischen Ballade und Ju-Ju, zwischen Soul und Singer-/Songwriter-Tradition bietet. Und, bei Judy Bailey eine Selbstverständlichkeit: Es bietet Texte voller Lebensfreude, Spiritualität und Glauben.

Die Musik auf "One" ist so positiv wie das Lachen von Judy Bailey. Wenn sie entspannt mit einer Tasse Tee im Sessel in ihrem Arbeitszimmer sitzt, wirkt sie wie eine Frau, die mitten im Leben steht und mit sich selbst im Reinen ist. Wenn sie beschreiben soll, worauf es ihr musikalisch ankommt, sagt sie nur: "auf den Rhythmus."

Im Refrain des Titelsongs "One", der laut Judy Bailey nicht so eine zentrale Rolle spielt, wie man glauben könnte, heißt es: "Siehst du es nicht? Wir sind eins. Wir sind unterschiedlich, aber wir sind in eins. In seiner Liebe."

Begegnung, Zuversicht, Glaube - das sind wiederkehrende Themen in ihren Texten. Das neue Album ist beeinflusst von der Flüchtlingswelle. "Es ist eine Kombination aus älteren und neuen Erfahrungen damit", erzählt die Musikerin. "Es geht um das Zusammenkommen in der Vielfalt, in der Verschiedenheit." Patrick Depuhl ergänzt: "Wir sind auch vor vielen Jahren schon in Flüchtlingscamps in Afrika gewesen. Da ist man erschüttert von dem Leid, was man dort sieht. Aber wenn man nach Hause fährt, ist alles so wie immer." Jetzt aber lebten Flüchtlinge in der Nachbarschaft und seien immer da. "Da bekommt man schon eine andere Sichtweise auf die Dinge", sagt Depuhl.

Judy Bailey und Patrick Depuhl haben reagiert. Sie engagieren sich beispielsweise sehr in der Flüchtlingshilfe in Alpen, was sie wiederum enger an den Ort bindet, an dem sie leben. Begegnungen mit den Menschen aus Syrien oder Afrika hinterlassen Spuren auf der Platte. Am deutlichsten vielleicht im Stück "Home". Ein leichtes, beinahe naiv klingendes Gitarrenlied, in dem Judy Bailey auch über ihr eigenes Zuhause singt. "Ich habe ,Home' für einen Begegnungsabend mit Flüchtlingen im Alpener Rathaus geschrieben", erzählt sie. Ein Abend mit einer sehr speziellen Atmosphäre, an dem unterschiedliche Menschen zusammenkamen. Zu dieser Zeit erfuhr die Sängerin, dass ihr Bruder in Barbados nach langer Krankheit im Sterben lag. Sie verpasste ihn um zwei Tage. Als sie bei der Familie ankam, war er gestorben. "Da ging es plötzlich auch um meine Heimat", räumt die Musikerin ein, die Barbados mit 19 Jahren verließ und zu ihrer Tante nach London zog.

In ihre Musik fließe alles mit ein, was sie bewege. So ist es kein Wunder, dass auch der von Inga Mosters geleitete Kinderchor Menzelen auf "One" zu hören ist - schließlich singen ihre Jungs mit. So sind im Stück "Come on People" viele junge Menzelener Stimmen zu hören. Zahlreiche andere Musiker wirken auf dem Album mit, darunter prominente wie Eddi Hüneke ("Wise Guys") und der Rapper Metaphysics ("Söhne Mannheims").

"One" ist ein vielseitiges, sehr hörenswertes Album geworden. Die christlichen Lieder mit textlichem Tiefgang wird man auch live hören können. Mal in Duo-Besetzung, mal in kleiner Unplugged-Band-Aufmachung, mal mit kompletter Band und mal in der XXL-Version für große Festivals. Am Wochenende war die Judy-Bailey-Band beim "Christival" in Karlsruhe zu hören, ab 15. Mai ist sie bei einem Festival in Mülheim an der Ruhr ("Reformation und die Eine Welt"). Mehr unter:

(up)
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