Rheinberg Preiswürdig: Lernen in der Obstwiese

Rheinberg · Die Grundschule Budberg-Orsoy erhielt den Dr.-Hermann-Klingler-Jugendpreis 2016 des Nabu-Landesverband NRW.

 Die Geheimnisse der Natur liegen oft im Kleinen. Deshalb benutzt Mika für seine Forschungen eine Lupe.

Die Geheimnisse der Natur liegen oft im Kleinen. Deshalb benutzt Mika für seine Forschungen eine Lupe.

Foto: Armin Fischer

Regen, Kälte, Schnee. Nebel oder Hitze - das Wetter ist den Erstklässlern der Gemeinschaftsgrundschule Budberg-Orsoy egal. Alle zwei Wochen haben sie "Natur" auf dem Stundenplan stehen. Dann heißt es: rein in die Matschhosen und die Anoraks und raus in die Wiese oder den Wald. Die beiden Budberger Klassen "a" und "b" verlegen ihr Klassenzimmer dann in den Wald, die "c" vom Standort Orsoy nennt dann die Streuobstwiese der Naturschutzbund-Ortsgruppe ihr Reich. Dort erkunden die Kinder mit ihrer Lehrerin Dr. Maria Gerlach die Natur.

 Nabu-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck, Sylvia Oelinger von der Rheinberger Nabu-Gruppe und Naturerlebnispädagogin Dr. Maria Gerlach zeigen die Urkunde inmitten der Kinder und Gäste.

Nabu-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck, Sylvia Oelinger von der Rheinberger Nabu-Gruppe und Naturerlebnispädagogin Dr. Maria Gerlach zeigen die Urkunde inmitten der Kinder und Gäste.

Foto: Fischer Armin

Gerlach ist mehr als eine Lehrerin. Sie ist auch ausgebildete Naturerlebnis-Pädagogin und weiß, wie wichtig Unterricht im grünen Klassenzimmer ist. "Wenn es friert, untersuchen die Kinder Eiskristalle mit der Lupe. Oder Fraßspuren. Außerdem hat jedes Kind einen ganz bestimmten Baum, den es übers Jahr beobachtet." In den Sommermonaten kümmern sich die Schüler um ihre Bienenstöcke. Und dann sind da auch noch die Schafe, die einem Schäfer gehören und die ebenso Gäste auf der drei Hektar großen Nabu-Streuobstwiese sind wie die Schüler.

"Das Naturprojekt läuft jetzt seit eineinhalb Jahren und es wird sehr gut angenommen", unterstreicht Grundschulleiterin Anneke Vennefrohne-Steglich. Und ihre Stellvertreterin Dorothee Laakmann ergänzt: "Auch die Eltern tragen das Projekt mit."

Regelmäßiges Lernen in der Natur, verankert in einer Partnerschaft von Schule und Naturschutzbund - das ist keinesfalls selbstverständlich. "Das ist einmalig auf Landesebene", sagte gestern Nabu-Landesvorsitzender Josef Tumbrinck in Orsoy. Deshalb hat die Klasse 2c - die Gründerklasse - gestern stellvertretend den Dr.-Hermann-Klingler-Jugendpreis 2016 des Naturschutzbundes NRW mit Stolz entgegengenommen. Immerhin ist dieser Preis mit 1000 Euro dotiert.

Dr. Hermann Klingler, der 1992 verstarb, war Mitbegründer der Nabu-Kreisgruppe Wesel und engagierter, unermüdlicher Naturschutzaktivist auch auf Landes- und Bundesebene. "Nach dem Tod meines Vaters hat unsere Familie beschlossen, diesen nach ihm benannten Preis zu stiften", sagte seine Tochter Dr. Marion Mittag. Die in Krefeld lebende Ärztin, sechsfache Mutter und ebenfalls dem Naturschutz verpflichtet, hatte ihren sechsjährigen Enkel Linus mit in die Streuobstwiese gebracht. "Er ist der älterste Urenkel meines Vaters", sagte sie. "Und er ist jetzt im gleichen Alter wie die Kinder aus Orsoy und Budberg."

Dr. Mittag: "Ich kenne die Probleme mit Kindern. Sie sitzen, sitzen, sitzen. Umso wichtiger ist es, sie wieder raus in die Natur zu bringen. Das tut ihnen gut." So habe sie als Jury-Mitglied das Naturprojekt sofort begrüßt und unterstützt. Der Dr.-Hermann-Klingler-Jugendpreis wird einmal im Jahr an eine Initiative in Nordrhein-Westfalen vergeben. Bis Oktober kann man sich bewerben, danach wird entschieden. "Diesmal hatten wir nur vier Bewerbungen, üblichweise sind es um die acht", so Marion Mittag. Auch Sylvia Oelinger von der Nabu-Ortsgruppe Rheinberg war stolz über den Preis. "Wir sind wahnsinnig froh, dass wir dieses sinnvolle Projekt in unserer Streuobstwiese stattfinden lassen können", sagte sie. Bürgermeister Frank Tatzel war ebenfalls gerne in die Gummistiefel geschlüpft, um Kindern, Lehrern, Eltern und Naturschützern zu ihrem Erfolg zu gratulieren. "Die Streuobstwiese ist ja ein wichtiger Bestandteil der Natur", betonte er. "Deshalb seid ihr mit eurem Projekt absolut auf dem richtigen Weg."

(up)
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