Rheinberg Sicher verliebt - Aufklärung ohne Scham

Rheinberg · Medizinstudenten sprechen an der Europaschule mit Sechstklässlern über alles, was sie über Sexualität wissen möchten. Das wegen seiner Offenheit geschätzte Projekt hat sich bewährt. Es geht um reflektiertes Körperbewusstsein.

 Studenten der Uni Essen unterrichten Sechstklässler in Sexualkunde. Max Platte (links) und Dominik Gajda (rechts) erläutern an einer Schnittzeichnung den Jungen die die Funktion der männlichen Geschlechtsorgane. Die Mädels informieren sich an der anderen Tafelseite.

Studenten der Uni Essen unterrichten Sechstklässler in Sexualkunde. Max Platte (links) und Dominik Gajda (rechts) erläutern an einer Schnittzeichnung den Jungen die die Funktion der männlichen Geschlechtsorgane. Die Mädels informieren sich an der anderen Tafelseite.

Foto: Armin Fischer

A wie Aids und V wie Vergewaltigung, die alphabetische Stichwortsammlung bis dann zum letzten Buchstaben ist umfangreich. "Mit Sicherheit verliebt", sportlich kurz MSV, heißt es eine Woche lang für alle sechsten Klassen der Europaschule. Die Erfahrungen mit dem Thema rund ums sichere Verliebtsein sind ausgesprochen positiv. Initiator ist die Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland (bvmd), unterstützt vom Bundesgesundheitsministerium.

Erneut engagieren sich in diesem Semester Studierende der Uni Essen-Duisburg an der Europaschule. "Wir vereinbaren im Vorfeld mit der Klasse Regeln, um Hemmungen zu nehmen. Alles, was gesagt wird, bleibt im Klassenraum. Nichts ist peinlich, und es gibt keine Noten", beschreibt Elena Mairinger (25) die Vereinbarung. Gemeinsam mit ihren Kommilitonen Dominik Gajda (22), Maximilian Platte (23) und Sebastian Mowka (24) macht sie Unterricht auf Augenhöhe.

"Wir sprechen über Pubertät und körperliche Veränderungen wie auch über sexuelles Anderssein", so Maximilian Platte. Ziel sei es, ein gesundes und reflektiertes Verhältnis zu sich und seinem Körper zu entwickeln, da Sexualität nach wie vor mit Scham besetzt sei. Im geschützten Raum mit den Studierenden, die noch gar nicht so lange dem Schulleben entwachsen sind, gelingt dies besser. "Wir sind eben keine Lehrer und vielleicht auch näher dran. Nach der Projektwoche sind wir verschwunden. Das macht die Situation einfacher", sagt Dominik Gajda.

Mangelndes Wissen ist im Alter um zwölf Jahre immer noch an der Tagesordnung. Einiges haben sich die Sechstklässler aus dem Netz, innerhalb der Familie und im Freundeskreis angeeignet. Oft aber fehlt die Verknüpfung von biologischen Abläufen und Voraussetzungen - beispielsweise für eine Schwangerschaft. Ganz locker fragt Dominik: "Wie funktioniert eigentlich eine Erektion?"

Die alphabetische Stoffsammlung ermöglicht den Studierenden, Schülerwissen auszuloten, um dann gezielt Informationen zu geben. Elena Mairinger erinnert sich noch an ihren Aufklärungsunterricht. "Wir hatten damals das Bio-Buch und erfuhren etwas über die weibliche und männliche Anatomie. Über Sex und Verhütung haben wir nicht gesprochen."

Mit zum Anschauungsmaterial des bmvd gehört das Diaphragma. Aufklärung und Prävention, auch zum Thema Aids, werden anhand von Kondomen erläutert. "Ich denke, dass wir so auch Eltern das Gespräch erleichtern. Schülern stärken wir in jedem Fall den Rücken", sagt Dominik Gajda.

Das Projekt "Mit Sicherheit verliebt" findet zum wiederholten Mal an der Europaschule statt. Jungen erfahren in Rollenspielen typische Verhaltensmuster und lernen die eigenen Stärken besser kennen. Mädchen trainieren ihr Selbstbewusstsein und lernen auch eine gynäkologische Arztpraxis kennen.

(sabi)
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