Rheinberg Top-Jazz in Kühlschrank-Atmosphäre

Rheinberg · Das "Christian Finger Quartett" spielte im Forum des Rheinberger Gymnasiums, weil die Alte Kellnerei gesperrt ist.

 Das "Christian Finger Quartett" mit (v.l.) Hanz Wanning am Flügel. Ingo Senst am Kontrabass, Claudius Valk am Tenorsaxophon und Christian Finger an den Drums.

Das "Christian Finger Quartett" mit (v.l.) Hanz Wanning am Flügel. Ingo Senst am Kontrabass, Claudius Valk am Tenorsaxophon und Christian Finger an den Drums.

Foto: Herbert Mertens

Mit dem "Christian Finger Quartett" stand Jazz der Spitzenklasse auf dem Programm. Doch am Montagabend spielte zunächst einmal der Spielort und nicht die Musik die Hauptrolle. Denn dieses MI-Jazz-Konzert, wiederum in Kooperation der MI-Jazz-Initiative, der Volkshochschule und der Musikalischen Gesellschaft Rheinberg durchgeführt, fand erstmals nicht im Saal der Alten Kellnerei am Innenwall, sondern im Forum des Amplonius-Gymnasiums statt. Der Grund: Die Stadt hat den Kellnerei-Saal vorerst geschlossen, weil - so die offizielle Begründung - kein zweiter Fluchtweg zur Verfügung steht und die Barrierefreiheit nicht gegeben ist (die RP berichtete).

Matthias Goebel, künstlerischer Leiter der MI-Jazz-Reihe, dankte besonders dem Direktor des Gymnasiums, Marcus Padtberg. Er habe das Forum trotz der laufenden Abitur-Prüfungen "ganz unkompliziert" zur Verfügung gestellt. Ansonsten war er ziemlich frustriert darüber, dass das Konzert in einem kühlen, nüchternen Saal bei voller Beleuchtung stattfinden musste. "Es ist unglaublich schwierig, einen Veranstaltungsort zu etablieren", so Goebel. "Uns ist das in der Kellnerei gelungen und ich verstehe nicht, dass die Stadt da nicht flexibler ist. Wir hatten doch mit der Brandwache der Freiwilligen Feuerwehr einen guten Kompromiss gefunden." Da das Forum in allererster Linie dem Gymnasium zur Verfügung steht, sei die Planung weiterer Konzerte schwer. Goebel machte seinem Ärger Luft: "Ich kann nicht verstehen, dass immer die Kultur weichen muss." Immerhin sehe und begrüße er die Bereitschaft, die Alte Kellnerei so herzurichten, dass sie wieder als Spielort dienen könne. Das Publikum - etwa 50 Frauen und Männer - nahm die Worte anerkennend hin und fand sich mit der Situation ab. Immerhin stimmte die Akustik im Forum. Aber ehrlich gesagt: Die Atmosphäre war mit der in der Alten Kellnerei nicht vergleichbar. Die Musik indes entschädigte für Vieles. Schlagzeuger Christian Finger und seine Band - Hanz Wanning am Flügel, Claudius Valk am Tenorsaxophon und Ingo Senst am Kontrabass - boten Jazz auf internationalem Niveau und setzten warme Töne gegen Kühlschrank-Atmosphäre. Das Quartett spielte insbesondere Fingers Kompositionen vom Konzeptalbum "Ananda". Darauf, so erklärte der Musiker, gehe es um Orte, die in seinem Leben eine Rolle spielten. Manche real, andere imaginär.

"Truth Walzed In" handelte von einem mehrere hundert Jahre alten Bauernhaus im Schwarzwald, bei "When Sonny Meets Wayne" um Fingers Wahlheimat New York City und mutmaßlich um die Jazz-Größen Sonny Rollins und Wayne Shorter. In weiteren Stücken war die feine Klangsprache so angelegt, das sie den Himmel über Afrika beschrieb oder zu ergründen versuchte, was jenseits von Indien passierte. Der Titel "Alone in Cologne" schließlich sprach für sich.

Nicht nur die spielerische Qualität der Musiker verschlug einem beim Zuhören förmlich die Sprache, auch die Kompositionen setzten sich auf angenehme Weise von jazziger 0815-Kost ab. Finger versteht es auf großartige Weise, wundervolle, teils romantisch anmutende Melodiebögen mit unglaublich locker swingenden Rhythmen in Einklang zu bringen.

So erlebte das Publikum wieder einmal ein herausragendes MI-Jazz-Konzert und hoffte, dass die Reihe fortbestehen kann. Ein weiteres Konzert wird es auf jeden Fall noch im Forum an der Dr.-Aloys-Wittrup-Straße 18 geben. Am Mittwoch, 3. Juni, 20 Uhr, spielen dort der Flamenco-Gitarrist Max Herzog und das Laura Totenhagen Trio.

(RP)
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