Rheinberg Verdi-Chef Bsirske bei Amazon-Streik

Rheinberg · Bundesvorsitzender der Gewerkschaft kam gestern aus Berlin nach Rheinberg. Seine halbstündige Rede riss rund 500 Mitarbeiter des Online-Versandhauses in der Messe Niederrhein mit: "Wir sind nicht gegen Amazon, wir sind für Tarife."

 Frank Bsirske in Aktion: Der Gewerkschaftschef heizte den Amazon-Beschäftigten gestern Nachmittag in der Messe ein. Bereits am Vormittag gab es Informationen am Messegelände, wo unter anderem Streikplakate gemalt wurden.

Frank Bsirske in Aktion: Der Gewerkschaftschef heizte den Amazon-Beschäftigten gestern Nachmittag in der Messe ein. Bereits am Vormittag gab es Informationen am Messegelände, wo unter anderem Streikplakate gemalt wurden.

Foto: Armin Fischer

Bei Amazon in Rheinberg wird seit gestern morgen bis einschließlich Mittwoch wieder gestreikt - ebenso wie an den Standorten Werne, Bad Hersfeld, Leipzig und Graben. Dabei zieht die Gewerkschaft Verdi neue Streikseiten auf. Gestern flog Frank Bsirske, Bundesvorsitzender von Verdi, aus Berlin ein und heizte den rund 500 anwesenden Beschäftigten des weltweit größten Online-Versandhauses mächtig ein. Nach halbstündiger Rede im Foyer der Messe Niederrhein gingen die letzten Worte des Gewerkschaftschefs nahezu im Applaus unter.

Rheinberg: Verdi-Chef Bsirske bei Amazon-Streik
Foto: Fischer, Armin (arfi)

Um kurz vor 15 Uhr war Bsirske an der Messe eingetroffen, plauderte mit Amazon-Mitarbeitern und Verdi-Kollegen. "Bis Mittwoch werde ich alle fünf Amazon-Standorte besuchen, an denen gestreikt wird", versprach der Vorsitzende der RP.

"Ihr gebt ein eindrucksvolles Bild ab", rief Frank Bsirske den Streikenden zu Beginn seiner Ansprache zu. Amazon sei ein "harter Brocken, der weichgeklopft werden muss". Der Verdi-Chef griff den Amazon-Slogan "work hard, have fun, make history" (arbeitet hart, habt Spaß, schreibt Geschichte) auf. Dass bei Amazon körperlich harte Arbeit gefordert sei, habe sich inzwischen herumgesprochen: "Da klingt das ,Have-fun' danach schon etwas makaber." In Leipzig und Graben erreichten die Krankenstände Werte von 20 bis 30 Prozent. Bsirske: "Das ist bedenklich. Arbeit darf nicht krank machen."

Amazon sei der größte Online-Versandhändler der Welt, tue aber so, als habe das Unternehmen mit "allem etwas zu tun, aber nicht mit Versandhandel", so Bsirske. Durch die von Standort zu Standort unterschiedlichen Zuschlagszahlungen würden die Beschäftigten um viel Geld gebracht. 5000 bis 6000 Euro pro Jahr verdienten Amazon-Mitarbeiter weniger als Beschäftigte, die nach Tarifvertrag bezahlt würden. Onlinehandel sei aber nun einmal Versandhandel und deswegen sollten auch die Rheinberger Picker und Packer den Kollegen von Versandhäusern wie Otto oder Weltbild gleichgestellt werden.

"Im Kreis Wesel gibt es eine ganze Reihe von Großunternehmen, aber es gibt nur eines, das sich weigert, Tarif zu bezahlen: Amazon", schimpfte der Bundesvorsitzende und fügte hinzu: "Wir sind nicht gegen Amazon, wird sind für Tarife. Und wir wollen Löhne, von denen man leben kann. Wir wollen nicht wieder zurück ins 19. Jahrhundert."

Auch heute und morgen werden Beschäftigte von Amazon streiken. Für Frank Bsirske ist klar, "dass das nicht der letzte Streik bei Amazon war" - möglicherweise folge noch vor Weihnachten eine Fortsetzung. Im Anschluss an die Rede stimmten die Verdi-Mitglieder ihre künftige Streikstrategie ab - unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

(RP)
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