Alpen Verhülsdonk: Eine Träne zum Abschied

Alpen · Heute legt der Alpener Parteichef nach 20 Jahren sein Amt nieder: für den 64-Jährigen ein emotionaler Moment.

 Der Mann mit dem markanten Bart steigt seit 30 Jahren an St. Martin aufs Pferd, um den Laternenzug der Kinder anzuführen.

Der Mann mit dem markanten Bart steigt seit 30 Jahren an St. Martin aufs Pferd, um den Laternenzug der Kinder anzuführen.

Foto: Armin Fischer

Der graue Bart spießt. Wie immer in der Herbstzeit. Untrügliches Zeichen dafür, dass St. Martin naht. Seit drei Jahrzehnten steigt Kurt Verhülsdonk als der heilige Mann mit rotem Gewand aufs Pferd, um den Laternenumzug der Kinder in Alpen anzuführen. An anderer Führungsstelle aber sattelt der 64-Jährige ab: Heute Abend endet seine Amtszeit als Parteichchef der CDU. Nach 20 Jahren steigt der alte Fahrensmann bei der Mitgliederversammlung in der Burgschänke vom Bock. Er legt die Verantwortung für die Truppe in jüngere Hände. Sein Abschied, so denkt der 64-Jährige, werde für ihn "ganz bestimmt ein sehr emotionaler Moment". Als Nachfolger schlägt der Vorstand Sascha van Beek vor.

Für Kurt Verhülsdonk ist es an der Zeit, aus der ersten Reihe zurückzutreten. "Wir müssen an die jüngeren Leute ran. Und das geht am besten mit jungen Leuten." Jetzt sei der ideale Zeitpunkt, den Staffelstab weiterzureichen. Drei Jahre vor der nächsten Kommunalwahl biete seine Ablösung ausreichend Zeit, das personelle Paket zu schnüren, um 2020 die absolute Mehrheit für die Christunion zu verteidigen, möglichst noch weiter auszubauen. Die Veener hätten mit ihrer Mitgliederoffensive einen vielversprechenden Anfang gemacht. Verhülsdonk widerspricht der These, d ass die CDU in Alpen nur einen Besenstiel aufstellen müsse, um die Wahl zu gewinnen: "Die Leute unterscheiden schon und gucken genau hin."

Schon im nächsten Jahr gibt es bei den Urnengängen für Land- und Bundestag zwei Probeläufe für die junge Garde. Der alte Mann wird seinen Erfahrungsschatz und die Materialkammer zur Verfügung stellen. "Und ich kann versprechen, dass die Wahlkampfkasse gut gefüllt sein wird", so der designierte Ehrenvorsitzende.

Kurt Verhülsdonk ist voriges Jahr als Lehrer für Elektro-Technik am Berufskolleg in den Ruhestand gewechselt. SPD-Ministerin Andrea Nahles hatte auch für ihn den Weg nach 40 Berufsjahren frei gemacht. Der Pensionär ist sichtlich stolz darauf, dass seine CDU für ihre Arbeit in den zwei Jahrzehnten seiner Ägide für ihre Arbeit vom Wähler stets mit einer satten Mehrheit von mehr als 57 Prozent belohnt worden ist. Den Hauptgrund sieht der scheidende Parteichef darin, dass es immer gelungen sei, Kandidaten aufzustellen, "die ganz nah dran waren an den Sorgen und Nöten der Bürger in den Ortsteilen". Hier zeige sich, dass Politik immer dann auf fruchtbaren Boden trifft, "wenn Betroffenheit da ist".

Aber auch die Union habe unterm Strich Wähler verloren, auch wenn die Prozentzahlen stabil geblieben sind. Weil die Wahlbeteiligung gesunken sei, sei auf den zweiten Blick ablesbar, dass auch Stammwähler der Partei ihr Kreuzchen nicht mehr gemacht hätten.

Der Alpener Jong hat das politische Gen im Blut. "Opa Theo" saß im Rat, sein Vater beließ es dabei, "am Küchentisch ordentlich zu schimpfen". Als Schüler von 13 Jahren, so erinnert er sich, habe er seine erste Ratssitzung besucht. "Eine ganz neue Welt. Das war richtig spannend." Es sei darum gegangen, dass die Schule eine neue Laufbahn für die Bundesjugendspiele bekommen sollte. Darüber habe schnell Einigkeit geherrscht. "Dann kam die "Killerfrage: Wer soll die 10.000 Mark dafür bezahlen?" Die habe CDU-Fraktionschef und Martonair-Boss Heinz Hahn in den nichtöffentlichen Teil geschoben: "Ich hätte da eine Idee", habe der nur wissend gesagt. Das hat dem kleinen Kurt imponiert: "So geht das."

Mit 30 Jahren hat der "schwarze Adler von Alpen", der sich in der roten IG Metall nicht fürchtete, Farbe bekannt und ist in die CDU eingetreten. Als er den Vorsitz übernahm, war Helmut Kohl noch Bundeskanzler, gefolgt von Rot-Grün unter Kanzler Schröder. "Eine bewegte Zeit", so der 64-Jährige.

Für drei Bundestagskandidaten hat die CDU Alpen in der Ägide Verhülsdonk Wahlkampfplakate gekleistert: Karl Lamers, Ilse Falk und Sabine Weiss. Die Wahlnacht, in der Weiss in einem denkwürdigen Foto-Finish dem SPD-Platzhirschen Dr. Uli Krüger den Wahlbezirk abgejagt hatte, werde er nie vergessen. "Eine tolle Frau", findet Kurt Verhülsdonk. Vor allem ihr Engagement auf den Philippinen finde er klasse. Er hat die Region bereist, weil seine Schwägerin von dort kommt.

Vor gut zwölf Jahren gab's eine neue Herausforderung: "Wir mussten uns als Nachfolger von Willi Jansen einen neuen Bürgermeister backen." Der Neue im Rathaus sollte "kein Frühstücksdirektor" sein, sondern einer, der eine Verwaltung führen kann. "Wir haben zusammengehockt und das Anforderungsprofil auf eine weiße Tafel geschrieben", erinnert sich Verhülsdonk an den Vorlauf für die Bürgermeisterwahl 2004.

Der Blick richtet sich nach Veen, wo es einen Fußballer gab, der als Polizist schon eine beachtliche Karriere gemacht hatte. Thomas Ahls gab dem Werben der CDU schnell nach, trat in die Partei ein und ging als überlegner Sieger aus dem Bürgermeisterrennen hervor. "Wir haben alles richtig gemacht", sagt Kurt Verhülsdonk heute aus tiefster Überzeugung. Er stellt seinem Freund, der ihm Thomas Ahls geworden ist, ein hervorragendes Zeugnis aus: "Der kann mit Zahlen umgehen und weiß als fürsorgender Vater der Gemeindefinanzen über jeden Cent Bescheid." Dabei habe Ahls am Anfang seiner Dienstzeit "nur Mangel verwalten" können.

Die Bilanz könne sich sehen lassen: Aldi mitten im Ort, ein neues Rathaus, ein gut ausgebautes Schulzentrum, die Amaliengalerie - die Ärzte an Alpen binde - "Wir haben einen guten Lauf gehabt." Der Weg in die Zukunft, die Kurt Verhülsdonk liebevoll als "mein Kind" bezeichnet, biete für die CDU alle Chance. Den müssten die Jungen für sich finden und gehen, sagt der Opa dreier Enkel. Einer, sagt er, habe vielleicht das Zeug, den Weg in die Politik einzuschlagen. Er selber belässt's dabei, ab und an auf der "Wappen von Alpen" aufs Meer hinauszusegeln, ganz verträglich mit Genossen, die ihm im Rat gegenüber im gegnerischen Lager sitzen. In der Partei geht der Lotse von Bord. Schon bald steigt er dann als St. Martin wieder in den Sattel. Bis dahin wird der graue Bart noch ein kleines Stückchen länger sein.

(RP)
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