Rheinberg "Weiser Panda" pfeift auf Konventionen

Rheinberg · Die Rheinberger MI-Jazz-Reihe findet vorerst im "Raum der Stille" in der ehemaligen Konvikt-Kapelle statt.

 Sängerin Maika Küster und Kontrabassist Yannik Tiemann, zwei von vier Panda-Jazzern, beim Konzert im Rheinberger "Raum der Stille".

Sängerin Maika Küster und Kontrabassist Yannik Tiemann, zwei von vier Panda-Jazzern, beim Konzert im Rheinberger "Raum der Stille".

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Jetzt also der "Raum der Stille". So heißt die ehemalige, inzwischen entweihte Kapelle im Konvikt an der Lützenhofstraße in Rheinberg seit einigen Jahren. Das Team der MI-Jazz-Initiative ist auf seiner Reise durch Rheinberger "Locations" dort gelandet. Zur Erinnerung: Der hochgeschätzte Saal in der Alten Kellnerei am Innenwall steht aus brandschutztechnischen Gründen nicht mehr zur Verfügung. Übergangsweise konnten zwei Konzerte im Forum des Amplonius-Gymnasiums stattfinden. Zum Start in die Herbstspielzeit fand jetzt erstmals ein MI-Jazz-Abend im "Raum der Stille" statt. Dort verzückte das Quartett "Der weise Panda" (nicht "weiße") knapp 40 begeisterte Zuhörer mit ganz besonderem Jazz.

Trotz sakraler Atmosphäre mit blauem Glaskreuz und Altartisch sowie einem Überangebot an Raumhall muss man sagen: Es hätte schlimmer kommen können. Wenn die Stadt den Raum bald mit schallschluckenden Teppichen und Dämmplatten ausstattet, kann man die kleinen, feinen MI-Jazz-Konzerte im "Raum der Stille" auch genießen. Hoffentlich ist das schon der Fall, wenn am 6. Oktober um 20 Uhr der ukrainische Top-Pianist Vadim Neselovskyi auftritt. Der Musiker hat sogar schon mit Jazz-Größe Gary Burton gespielt.

Zunächst aber ließen vier junge Pandabären etwas von ihrer musikalischen Weisheit aufblitzen. Sängerin Maika Küster, Pianist Simon Seeberger, Kontrabassist Yannik Tiemann und Schlagzeuger Jo Beyer spielten erfrischende Eigenkompositionen und kümmerten sich wenig um Konventionen. Die Musikstudenten - alle in den Zwanzigern - sind spieltechnisch bereits voll auf der Höhe. Sie verstehen ihr Handwerk. Ach was, viel mehr als das: Sie sind bereis grandiose Könner an ihren Instrumenten.

Aber das allein macht ihre Liebenswürdigkeit nicht aus. Es ist die Unbekümmertheit, mit der sie ihre Kompositionen anlegen. Das macht man nicht! Das darf man nicht! Das hat es noch nie gegeben! - um solche Dinge scheren sich die vier nicht im Ansatz. Sie entfalten ihre ganz eigene musikalische Handschrift. Mal riskieren sie Sequenzen, die Anklänge an wunderschöne Pop-Stücke haben. Mal haben ihre Stücke nahezu kammermusikalische Strukturen, mal atmen sie die Intimität großer Jazz-Balladen.

Und zwischendurch wird gerne und viel improvisiert. Dann lässt Drummer Jo Beyer seine Percussion-Abteilung plingen und singen oder er kratzt mit dem Drumstick an den Rändern seiner Becken. Ein überaus talentierter und einfallsreicher Schlagwerker. Auch Maika Küster liebt das Experiment. Ihre wunderbare Stimme schickt sie nicht nur über die Oktaven, sondern verfremdet sie auch mit elektronischen Hilfsmitteln. Als Meister des dezenten Spiels entpuppt sich Simon Seeberger am Flügel, während Yannik Tiemann seinen erstklassigen Basslinien viel Raum verschafft.

"Heute lief es richtig gut", sagt Maika Küster nach dem Konzert. Und erklärt, dass sich der Reiz der Weise-Panda-Musik auch daraus speist, dass jeder der vier Musiker eigene Kompositionen beisteuert. Und dass man sich was traut. Deutsche Texte zu singen zum Beispiel.

"Geht nicht, gibt's nicht" - das könnte ein schöner Programmtitel für diese tolle Band sein. Das Publikum spendete reichlich Applaus.

(RP)
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