Rommerskirchen Der Heilige Hubertus wird gut bewacht

Rommerskirchen · In den katholischen Gotteshäusern schlummern Schätze, von denen kaum jemand weiß - Reliquien. Das sind in der Regel sterbliche Überreste von Heiligen. In einer Serie stellt die NGZ einige vor und beginnt mit St. Martinus Nettesheim.

So richtig warm wird Pfarrer Franz Josef Freericks nicht mit der Reliquienverehrung. Das merkt man an dem leicht ironischen Unterton, der in seinen Erzählungen zum Thema mitschwingt. Besonders, wenn er vom Kölner Dom als "der kleinen, schönen, gotischen Bahnhofkapelle" berichtet, die als Aufbewahrungsort für die wohl berühmtesten Reliquien der Region, wenn nicht gar der ganzen Welt, errichtet wurde: Die (angeblichen) Gebeine der Heiligen Drei Könige waren zuvor durch Rainald von Dassel "auf interessante Weise", so Freericks, im Jahr 1164 von Mailand nach Köln gekommen.

Dass man es besonders in Köln im Mittelalter mit dem Reliquienhandel nicht immer so ganz genau nahm, hat der Kölner Comiczeichner Ralf König in seinem Buch über die Heilige Ursula und ihre 11.000 Jungfrauen thematisiert. Durch die zahlreichen Jungfrauen sei der Friedhof rund um St. Ursula in Köln, so schildert es der Pfarrer, "zu einem wunderbaren Fundbüro für Reliquien" geworden.

Auch wenn sich Freericks ein gesundes Misstrauen gegenüber einem allzu frommen Reliquienkult bewahrt hat, so sieht er doch einen tieferen Sinn darin: "Reliquien wollen uns eigentlich ein bisschen an den Menschen heranbringen, dessen Heiligkeit auf uns abfärben soll. Deswegen finde ich Reliquienverehrung durchaus eine vernünftige Sache, weil sie uns hinführt zu Vorbildern", sagt der Geistliche. Nichts anderes als Vorbilder seien die Heiligen, von denen die meisten ihren Glauben mit dem Leben bezahlten. "Ich würde mir wünschen, das die Menschen von dieser damaligen Begeisterung des Christseins noch ein bisschen angesteckt würden", so Freericks.

Besonders kostbare sterbliche Überreste beherbergte lange Zeit die Pfarrkirche St. Martinus in Nettesheim. In einem 2013 aufgestellten Inventarverzeichnis werden mehrere Reliquiare aufgeführt - Gefäße also, in denen oft nur winzige Partikel von Gebeinen oder Stoffen, den so genannten Berührungsreliquien, zu finden sind, die einem Heiligen zugeschrieben werden. Dazu gehört ein Stück des Schweißtuches der Heiligen Veronika (samt Echtheitszertifikat des Vatikans), eine Reliquie, deren Herkunft sich nicht mehr entziffern lässt und drei ganz besondere Behälter: Zwei prächtige goldene Monstranzen mit Überresten der vor allem für die Schützen so bedeutenden Heiligen, Hubertus und Sebastianus sowie ein Döschen mit Glasdeckel, in denen Partikel aller zwölf Apostel versammelt sind. Oder besser - waren. Denn die Dose und die Sebastianus-Monstranz wurden bei einem Einbruch in die Kirche vor ein paar Jahren von Unbekannten gestohlen. Wenigstens die Monstranz mit dem Heiligen Hubertus ist noch erhalten geblieben. Sie wird nun umso sicherer aufbewahrt, wie Matthias Schlömer vom Kirchenvorstand versichert. Dass die beiden anderen Prachtstücke, zusammen mit verschiedenen Kelchen und Schalen, jemals wieder gefunden werden sollten, daran glaubt er nicht.

(NGZ)
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