Rommerskirchen Verein "Stille Geburten" will Trost spenden

Rommerskirchen · Eltern von Babys, die tot zur Welt kommen, bleiben vielfach mit ihrem Schmerz allein. Beistand verspricht eine neue Organisation.

 Über 3000 Totgeburten gibt es in Deutschland pro Jahr. Dennoch handelt es sich vielfach um ein Tabu-Thema. Betroffene Eltern stoßen in ihrer Trauer oft auf wenig Verständnis.

Über 3000 Totgeburten gibt es in Deutschland pro Jahr. Dennoch handelt es sich vielfach um ein Tabu-Thema. Betroffene Eltern stoßen in ihrer Trauer oft auf wenig Verständnis.

Foto: Matzerath

Für betroffene Eltern ist es es eine emotional extrem dramatische Situation: Zum gleichen Zeitpunkt müssen sie begreifen, dass sie Eltern geworden sind - und dass ihr Kind tot ist. Mehr als 3000 Totgeburten gibt es in Deutschland pro Jahr, wobei die Eltern in ihrem Schmerz vielfach allein bleiben. Aus immer wiederkehrenden Erzählungen hat Birgit Rutz den Eindruck gewonnen, dass Eltern in solchen Fällen oft mit einer Mentalität konfrontiert sind, die darin mündet, "möglichst schnell und stressfrei ein totes Baby zu entsorgen", wie es die Sterbe- und Trauerbegleiterin aus St. Augustin in der Alten Schule drastisch formulierte.

Dort hat sich jetzt der Verein "Stille Geburten" gegründet. Seine Mitglieder eint das Bewusstsein, dass es im Fall von Totgeburten schlichtweg an einer angemessenen Begleitung der Hinterbliebenen mangelt. Erste Vorsitzende des Vereins und treibende Kraft bei dessen Gründung ist Petra Friese aus Sinsteden.

Sie selbst hat mehrere Fehlgeburten erlitten: Die stille Geburt ihres Sohns Fin in der 22. Schwangerschaftswoche sei "das Schlimmste und Traumatischste" gewesen, "was man als Familie, beziehungsweise Mutter erleben kann", sagt sie. "In meiner Not habe ich den lieben Gott angefleht, mich auch zu sich zu nehmen", erinnerte sie in Sinsteden an den Tiefpunkt ihres Lebens schlechthin. In ihrer Familie fand die Mutter zweier Söhne dennoch neuen Lebenssinn. Geradezu als "Berufung" versteht sie ihre Tätigkeit als Begleiterin von Eltern, deren Kind tot zu Welt gekommen ist. Sie hat eine entsprechende Ausbildung absolviert und einen bemerkenswerten Arbeitgeber gefunden: Walter Grosser von der Firma Grosser Dienstleistungen stellt sie sofort frei, wenn sie von einer so genannten "Sternenfamilie" gebraucht wird. Walter Grosser und seine Frau Yvonne sind natürlich gleichfalls Mitglieder des Vereins "Stille Geburten".

Der ist zwar in Sinsteden gegründet worden, will sich aber in der gesamten Region engagieren. Neben Bürgermeister Martin Mertens als Schirmherrn der Veranstaltung war auch die Neusser Vizebürgermeisterin Gisela Hohlmann bei der Gründung anwesend. Gleiches gilt für Dechant Monsignore Franz Josef Freericks. Der zeigte sich stark beeindruckt von den Ausführungen der früheren Hausgeburts-Hebamme Eva-Maria Müller-Mankfort. "In meinem Beruf wird der Tod ausgeblendet, er darf nicht sein, er kann heutzutage für außerklinisch arbeitende Hebammen existenzvernichtend sein", sagte sie. Der tiefere Grund: "Das ganze klinische, medizinische System ist auf Lebenserhaltung ausgerichtet. Da hat der Tod keinen Platz." Das Grundproblem sieht sie darin, dass "Sterben und Tod nicht mehr als Schicksal betrachtet werden dürfen und können" und stattdessen unweigerlich Schuldgefühle entstünden.

(NGZ)
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