Solingen Agave blüht nach 58 Jahren

Solingen · Auf dem Gelände der Maschinenfabrik Gustav Wolff ist aus einem Ableger eine meterhohe Pflanze gewachsen - nach der Blütezeit wird das Spargelgewächs eingehen.

Als sie ihre Reise nach Deutschland angetreten hat, war sie nur eine "Handvoll" Pflanze. Der kleine Agaven-Ableger wanderte im Gepäck von Ursula Wolff und ihrem Mann nach Solingen. "Wir waren damals in Spanien in Urlaub", erzählt Ursula Wolff. Zu dieser Zeit war sie erst 18 Jahre alt und noch nicht volljährig. Der Agaven-Ableger war für den elterlichen Garten bestimmt.

"Aber sie wuchs und wurde immer größer", erzählt Ursula Wolff. Da diese Pflanzen den deutschen Winter nicht vertragen können, musste die Agave immer irgendwo untergestellt werden. Anfangs war das noch zu bewerkstelligen für die Eltern. Doch irgendwann wurde die Pflanze schließlich so groß, dass sie nur noch mit dem Gabelstapler transportiert werden konnte. "Mein Mann fährt die jeden Herbst mit dem Stapler in eine der Hallen", erzählt Ursula Wolff.

Die Agave hatte Glück, dass sie an die Besitzer einer Firma gekommen ist, die einen Platz in einer Lagerhalle entbehren kann. "Manchmal wurde sie wochenlang vergessen und nicht gegossen." Etwas, was die Agave nicht übelgenommen hat, stammt sie doch aus trockenen Wüstenregionen und kann in ihren dicken, mit Stacheln bewehrten Blättern, so einiges an Feuchtigkeit einspeichern. Das Besondere an einer Agave ist jedoch: Sie blüht nur einmal in ihrem langen Pflanzenleben. Und das tut die Agave der Familie Wolff nun nach 58 Jahren Pflege.

Wer nur einmal blüht, der tut es richtig. Angefangen hat es vor rund drei Monaten. Damals begann ein gewaltiger grüner Trieb emporzuwachsen. "Der sah aus wie ein riesiger grüner Spargel", erzählt Tochter Sabine Stollenwerk. Kein Wunder, ist die Agave doch ein Spargelgewächs. Inzwischen ist der Blütentrieb fast fünf Meter hoch, und die ersten Blüten haben sich entfaltet. Leuchtend gelb strahlen sie mit der Sonne um die Wette. "Durch die Wärme der vergangenen Tage hat sie angefangen zu blühen", sagt Sabine Stollwerk. Vermutlich hat auch die große Umtopfaktion im vergangenen Jahr dazu beigetragen, die Agave zum Blühen zu bringen. "Das war wie eine Verjüngungskur", erinnert sich Ursula Wolff.

Dabei wurden auch etliche Ableger genommen, um Nachkommen der Agave zu sichern, denn die traurige Wahrheit ist, dass die Agave während der Blüte all ihre Kraft in den Blütenstand steckt und danach eingeht. "Wenn ich mir das vorstelle, dass die Pflanze nach 58 Jahren abstirbt, tut mir das total leid", sagt Ursula Wolff. Denn diese Agave gehört inzwischen zur Familie. "Sie ist unser Lebensbegleiter." Eigentlich hatte das Ehepaar Wolff gar nicht mehr damit gerechnet, dass die Agave blüht. "Mein Mann wird dieses Jahr 82 Jahre alt", verrät Ursula Wolff. "Wir sind froh, dass wir die Blüte noch erleben dürfen."

(sue)
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