Solingen Als der Krieg in Solingen zu Ende geht

Solingen · Vor 70 Jahren erlebt Solingen die letzten Tage des Zweiten Weltkrieges. Am 17. April 1945 besetzen Amerikaner die Stadt.

 Bei dem Einmarsch der Amerikaner am 17. April 1945 finden sie in Mitte eine Trümmerlandschaft vor. Die Aufnahme blickt von der Malteserstraße in Richtung Graf-Wilhelm-Platz. In der Mitte das Tückmantelhaus.

Bei dem Einmarsch der Amerikaner am 17. April 1945 finden sie in Mitte eine Trümmerlandschaft vor. Die Aufnahme blickt von der Malteserstraße in Richtung Graf-Wilhelm-Platz. In der Mitte das Tückmantelhaus.

Foto: Stadtarchiv

Frühjahr 1945: Der Zweite Weltkrieg, der sechs Jahre zuvor von deutschem Boden ausging, ist längst nach Deutschland zurückgekehrt. Auch nach Solingen, und nicht erst seit dem November 1944, als britische Flugzeuge innerhalb von zwei Tagen die Innenstadt nahezu vollständig zerstören. Die Angriffe aus der Luft setzen sich fort, im März 1945 versetzen Tiefflieger die Solinger zusätzlich in Angst.

Auch wenn die Alliierten an allen Fronten vorrücken, ist der Krieg im März 1945 noch nicht vorbei. Das nationalsozialistische Regime propagiert Verteidigung und Durchhaltewillen. Der Volkssturm, die verbliebenen Männer zwischen 16 und 70 Jahren, errichtet Panzersperren im Solinger Stadtgebiet. In der ersten Märzhälfte haben sich die 16-jährigen Jungen des Jahrgangs 1929 zur "Wehrerfassung" zu melden, um noch zur Wehrmacht eingezogen zu werden.

Am 1. April ist Solingen als Teil des sogenannten Ruhrkessels von amerikanischen Truppen eingekreist. Im Westen sind die Amerikaner bis zum Rhein vorgerückt, und im Norden ziehen sich die Stellungen vom Niederrhein über Recklinghausen bis in die Nähe Paderborns. Im Osten verläuft die Linie quer durch das Sauerland bis nach Siegen, und im Süden stehen die Amerikaner an der Sieg. An Aufgabe ist jedoch nicht zu denken: In der ersten Aprilwoche erhält die Polizei vom Reichsführer SS Heinrich Himmler den Befehl, jeden, der die weiße Fahne als Zeichen der Kapitulation hisst, zu erschießen. In diesen Tagen kommt es angesichts des nahenden Kriegsendes am Wenzelnberg bei Landwehr zu einem letzten Verbrechen der Nationalsozialisten. Am 13. April erschießen sie dort 71 Menschen, vor allem Häftlinge aus Zuchthäusern in Lüttringhausen und Wuppertal, ohne Prozess.

Zur gleichen Zeit ist der Vormarsch der US-Soldaten auf Solingen nicht mehr aufzuhalten. Am 14. April zeigen sich Auflösungserscheinungen im Volkssturm. Antifaschistische Widerständler organisieren die Beseitigung von Panzersperren, damit die Amerikaner vorrücken können. Am Tag darauf treffen die ersten US-Soldaten in Oberburg ein. Der Kommandeur der deutschen Truppen in Unterburg lässt daraufhin zwei Wupperbrücken sprengen und die Straßen zwischen den Ortsteilen zerstören, um den Vormarsch aufzuhalten. In der Nacht auf den 16. April schlagen im Solinger Stadtgebiet 3000 amerikanische Granaten ein. An diesem Tag erobern die Alliierten im Osten Solingens Müngsten, Schaberg und Krahenhöhe und erreichen im Westen, von Hilden aus, Ohligs. Weitere Einheiten überqueren im südlichen Stadtgebiet die Wupper und dringen nach Widdert und Höhscheid vor.

Aber noch haben Wahnsinn und Blutvergießen kein Ende. In der Walder Hauptstraße schießen Mitglieder der Waffen-SS in die mit weißen Fahnen behangenen Fenster. Eine Frau stirbt dabei, eine andere wird verletzt. Sie zählen zu den letzten Opfern dieses Krieges in der Stadt.

Am 17. April marschieren die amerikanischen Truppen kampflos in Solingen-Mitte ein. Damit endet in dieser Stadt der Zweite Weltkrieg, in dem über 5000 Solinger sterben. Der lang ersehnte Frieden ist endlich da.

(bjd)
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