Solingen Ansturm auf das Kaufhaus für Bedürftige

Solingen · Mit der Zahl der Flüchtlinge steigt der Andrang in der Kleiderkammer des Deutschen Roten Kreuzes. Bis zu 60 Menschen kommen jeden Donnerstag und werden von den ehrenamtlichen Helfern mit dem Nötigsten versorgt.

Montags braucht Uta Wilde oft besonders starke Nerven, wenn bis zu 80 große Säcke im Flur vor der Kleiderkammer beim Deutschen Roten Kreuz in der Burgstraße stehen. Dann heißt es: sichten, sortieren, aufhängen. Die Spendenbereitschaft der Bürger ist gestiegen, seit immer mehr Flüchtlinge auch in Solingen Zuflucht suchen. Für Kleiderkammer-Leiterin Uta Wilde und ihre ehrenamtlichen Mitstreiter bedeutet das ein gutes Maß an Mehrarbeit, denn donnerstags zur Ausgabe von Kleidung, Hausrat und Spielzeug kommen folglich auch mehr Menschen. Bis zu 60 werden zwischen 8 und 12 Uhr im Kaufhaus für Bedürftige bedient. Die ersten stehen schon vor der Tür, bevor geöffnet wird.

In dieser Zeit sitzen Uta Wilde und die anderen Ehrenamtlichen, unterstützt von Ein-Euro-Kräften und manchmal von Praktikanten, in einem Hinterzimmer beim gemeinsamen Frühstück. Gerade jetzt, wo alle am Rande der Belastbarkeit angekommen sind, ist das besonders wichtig und stärkt das Gemeinschaftsgefühl, wie Uta Wilde sagt. 31 Jahre ist sie bereits Mitglied im Roten Kreuz, seit 20 Jahren arbeitet sie in der Kleiderkammer. Mit Kleidung hatte sie auch während ihres Berufslebens zu tun, erst bei Klasing und Baumann bei ihrem Schwiegervater, später im eigenen Modehaus Wilde. Auch der Kleiderkammer hat Uta Wilde ihren Stempel aufgedrückt. "Es muss ordentlich sein, die Bügel ausgerichtet, die Knöpfe geschlossen". Bis die gespendete Kleidung so akkurat in Reihe hängt, wurde sie kontrolliert, wenn nötig auch gewaschen und gebügelt. Nicht jeder gibt Brauchbares ab, was Uta Wilde sehr ärgert. Zum Beispiel, wenn Knöpfe entfernt, Reißverschlüsse herausgetrennt wurden oder die Kleidung völlig verschmutzt ist.

Zu den Freiwilligen in der Kleiderkammer gehört auch Jochen Pickardt. Er holt auf Wunsch die Spenden ab. Gestern waren es so viele Stationen, dass er es kaum schaffen konnte - trotz der Unterstützung von drei weiteren Freiwilligen.

In der Kleiderkammer an der Burgstraße herrscht derweil gestern Vormittag schon Hochbetrieb. Basel Habasi ist mit seiner Mutter gekommen. Der 20-jährige Mann aus Syrien ist seit sechs Monaten in Deutschland und hat im Selbstlernverfahren schon so gut Deutsch gelernt, dass er sich verständigen kann. Wenn sein Asylantrag anerkannt wird und er in Deutschland bleiben darf, würde er gerne irgendwann studieren und nicht mehr auf Unterstützung angewiesen sein.

Ferdinada Marton bedient inzwischen zwei junge Afrikaner. Die Serbin arbeitet schon lange ehrenamtlich in der Kleiderkammer, und sie hat an diesem Vormittag schnell erkannt, welche Kleidung die jungen Männer brauchen. Auch Vorhänge für die Unterkunft gehen über die Ladentheke. Die Männer sind zufrieden und machen Platz für die nächsten Kunden.

Wer in der Kleiderkammer helfen möchte, kann dies drei Stunden im Monat oder zweimal in der Woche tun. "Wir stellen fest, dass die Menschen - vor allem jüngere Leute - ehrenamtliches Engagement heute oft zeitlich oder auf ein Projekt begrenzen wollen", sagt Simone Hoch, Pressesprecherin des DRK in Solingen.

Uta Wilde wird ein Plätzchen für sie alle finden. Egal, wie viel Zeit sie opfern wollen. Auch die Langzeitarbeitslosen, die ihr vermittelt werden, sind gut ins Kleiderkammer-Team integriert. "Das ist die erste Stelle, in der ich nicht gemobbt werde", hat ihr erst vor ein paar Tagen eine psychisch kranke Frau gesagt, die in der Kleiderkammer mithilft. Und das erfüllt die Leiterin und ihre Mitstreiter durchaus ein wenig mit Stolz.

(RP)
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