Solingen Auf der Suche nach den Original-Glasscheiben

Solingen · Dr. Rolf Jessewitsch, Direktor des Solinger Kunstmuseums, macht sich für den Erhalt des großen Treppenhausfensters von Georg Meistermann im Gebäude des ehemaligen Finanzamtes stark.

Was geschieht mit dem seit März 2013 leerstehenden Gebäude an der Goerdelerstraße? "Es gibt derzeit keinen Interessenten für das ehemalige Finanzamt-Ost", erzählt Christa Bohl, Pressesprecherin des Liegenschaftsbetriebs NRW. Doch Bohl sorgt gemeinsam mir Objektmanager Felix Horn bereits für den Fall der Fälle vor. Sollte das Gebäude und Grundstück des Landes NRW einen Käufer finden und eventuell abgerissen werden, stellt sich nämlich die Frage nach dem Erhalt des über alle Stockwerke des Treppenhauses gehende Fenster von Georg Meistermann. "Das ist ein Schatz, der gerettet werden muss", erklärt Bohl.

 Dr. Rolf Jessewitsch macht ein Foto von dem entdeckten Fenster.

Dr. Rolf Jessewitsch macht ein Foto von dem entdeckten Fenster.

Foto: Tesch, Michael

Das sieht auch Dr. Rolf Jessewitsch so, der Direktor des Solinger Kunstmuseums. "Das Fenster für seine Heimatstadt Solingen hat Meistermann zusammen mit dem Fenster für das Kölner WDR-Gebäude entworfen. Beide Fenster sind etwas besonderes, denn sie stellten einen Umbruch im Werk des Künstlers dar."

Was vielleicht nicht alle Solinger mehr wissen: das 1956 von Meistermann entworfene Fenster mit 52 Quadratmetern reiner Glasfläche, welches sich heute im ehemaligen Finanzamt-Gebäude befindet, ist nicht das Original. "Damals wurden die Glasscheiben mit zu niedriger Temperatur gebrannt, deshalb erwiesen sie sich als zu empfindlich und nicht witterungsbeständig." Deshalb wurden 1992 die Scheiben neu gefertigt und am Gebäude ausgetauscht - von der Glasmalerei Gossel aus Lahntal.

Sollte es zu einem Abriss des Gebäudes kommen, hat Dr. Jessewitsch bereits einen Interessenten für das Fenster. "Im Museum haben wir leider nicht den Platz, solch ein großes Fenster zu lagern, aber das Deutsche Glasmalerei-Museum in Linnich würde das Werk gerne in seine Sammlung aufnehmen. Die Stiftung des Museums würde auch die Kosten für den Ausbau und die Lagerung übernehmen." Zumindest Teile des Fensters könnten in Linnich auch ausgestellt werden.

Natürlich stellt sich der Leiter des Museums schon lange die Frage, wo sich die damals ausgetauschten Original-Glasscheiben heute befinden. "Ich habe gehört, die sollen im Keller des Finanzamtes lagern", so Jessewitsch. Zusammen mit Christa Bohl und Felix Horn machte sich Jessewitsch jetzt an der Goerdelerstraße auf die Suche. Und das Trio wurde tatsächlich fündig - doch ganz anders, als es sich Jessewitsch vorgestellt hatte. Denn im Keller fand sich wirklich eine Kiste - mit allerdings nur wenigen Glasscheiben in Metallrahmen. "Das können nicht die Originalscheiben sein", war sich Jessewitsch sofort sicher: "Die Farbgebung ist eine ganz andere. Aber das könnte auch ein Fenster von Meistermann sein." Als neue spannende Geschichte bezeichnete der Museumsleiter seinen Fund. "Und jetzt schauen wir mal, ob wir es aufgeklärt bekommen." Und natürlich müsse auch die Suche nach den Original-Scheiben weitergehen.

Nachdem sich in den Kellerräumen keine weiteren Kisten mehr fanden, fragte Jessewitsch Objektmanager Felix Horn, ob es in dem Gebäude einen großen Saal gäbe. "Im Dachgeschoss gab es einen Versammlungsraum", wusste Horn. "Man hat mir erzählt, dass Meistermann für das Finanzamt auch ein Relief für einen großen Saal angefertigt haben soll. Das hätte man aber zugemauert", so Jessewitsch. Im Saal fand sich dann tatsächlich eine ungewöhnlich dicke Wand. "Dahinter könnte das Meistermann-Relief stecken. Auch das müssen wir, bevor das Gebäude abgerissen wird, überprüfen."

(mit)
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