Solingen Bürgerideen dürfen nicht verpuffen

Solingen · Interview Um Mitternacht wird heute der Bürgerhaushalt heute auf inaktiv geschaltet.

Nach drei Wochen wird www.solingen-spart.de am heutigen Donnerstag um Mitternacht auf inaktiv geschaltet. Das Sparziel von 45 Millionen Euro dürfte erwartungsgemäß zwar nicht erreicht werden, Oliver Märker vom Beratungsunternehmen Zebralog spricht aber dennoch von einer aussagekräftigen Rückmeldung der Bürger auf die Sparvorschläge der Verwaltung.

Wie hoch ist die Beteiligung? Ist Solingen bei den Bürgervorschlägen und bei der Pro-und-Contra-Diskussion im Internet Champion?

Märker Gemessen an der Einwohnerzahl kommt Solingen auf die höchste Beteiligung in Deutschland. Wir haben über 3600 registrierte Teilnehmer und gut 24 000 Besucher auf der Seite. Angesichts der rund 160 000 Solinger Einwohner haben wir die Besuchermarke von zehn Prozent locker geknackt. Das ist vergleichsweise eine sehr gute Zahl.

Und im Detail — wie beurteilen Sie die Beteiligung?

Märker Überraschend hoch ist auch die Zahl der Bewertungen mit 135 000. Jeder registrierte Teilnehmer hat also im Schnitt über 40 Vorschläge bewertet. Der Wunsch der Stadtverwaltung, eine Rückmeldung über ihre im Bürgerhaushalt eingestellten Sparvorschläge zu bekommen, ist aufgegangen. Das hat stattgefunden. Außerdem sind über 850 Bürgervorschläge eingegangen. Dies zeigt, dass sich die Solinger beteiligen wollen.

Was bedeutet das für die Politik, denn die will über das Sparpaket im Sommer beschließen?

Märker Sie muss verantwortungsvoll damit umgehen. Die Politik muss transparent machen, an welcher Stelle sie den Sparvorschlägen der Bürger folgt und wo sie diesen nicht zustimmt. Der Bürger tritt mit seinen Ideen als Berater auf. Das ist wie bei einem Gutachten, das bei der Entscheidungsfindung mit hinzugenommen wird. Die Bürger erwarten, dass ihre Vorschläge in die Beratung eingespeist werden. So ist das auch vorgesehen.

Was hat Sie bei den Ergebnissen im Bürgerhaushalt besonders überrascht?

Märker Überrascht hat mich, dass manche der Sparvorschläge deutlich mehr Pro- als Contrastimmen bekommen haben. Es wurde also nicht alles in Bausch und Bogen abgelehnt. Die Solinger haben sehr engagiert diskutiert, auch Gegenvorschläge unterbreitet und sich mit den Problemen der Stadt auseinander gesetzt. Von Politikverdrossenheit kann keine Rede sein. Es wurde auch ein gesundes Misstrauen geäußert. Das ist wichtig. Es ist begrüßenswert.

Pro und Contra — wo sind die Spitzenreiter?

Märker Die höchste Zustimmung hat der Verwaltungsvorschlag bekommen, die Spielautomatensteuer zu erhöhen. Am meisten Ablehnung erhielt hier der Vorschlag, den Bürgeranteil an den Straßenbaubeiträgen zu erhöhen.

Wie geht es weiter, wenn www.solingen-spart.de heute um Mitternacht auf inaktiv geschaltet wird?

Märker Die Plattform bleibt weiterhin im Internet stehen und kann gelesen werden. Wir fertigen eine Auswertung mit allen Pro- und Contra-Voten an. Diese soll Mitte Mai vorliegen. Sie wird allen Fraktionen zusammen mit den Bürgervorschlägen übergeben, aber auch auf der Plattform veröffentlich. Vorgesehen ist, dass der Stadtrat im Juli über das Sparpaket entscheidet. Danach wird es eine Rückmeldung über die Entscheidungen geben — den sogenannten Rechenschaftsbericht, der ebenfalls auf der Plattform verfügbar gemacht wird.

Günter Tewes führte das Gespräch.

(RP)
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