Solingen Bundesliga verschwindet aus Kneipen

Solingen · Nachdem das Bezahlfernsehen Sky die Preise für die Übertragung drastisch erhöht hat, kündigen etliche Gastwirte ihre Verträge. Der Gaststättenverband kennt das Problem, ist aber machtlos. Und Sky verweist auf steigende Abo-Zahlen.

Um 17.30 Uhr startet der Fußball-Weltmeister Christoph Kramer am 24. August in die neue Bundesliga-Saison, doch in vielen Solinger Kneipen bleibt der Bildschirm an diesem Tag schwarz. Es ist nicht so, dass die Wirte die Partie von Kramers Verein Borussia Mönchengladbach gegen den VfB Stuttgart nicht zeigen wollen. Doch nachdem das Bezahlfernsehen Sky zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren die Preise drastisch erhöht hat, sind zahlreiche Solinger Gastwirte nicht mehr bereit, die aufgerufenen Summen zu bezahlen.

"Ich habe zum September gekündigt", sagt Miro Jelic, Inhaber der Gaststätte Birkenweiher: "Die Preise kann ich mir nicht mehr leisten." Rund 800 Euro hätte Jelic ab der kommenden Saison monatlich bezahlen sollten, nachdem die Preise bereits im vergangenen Jahr auf rund 500 Euro gestiegen seien. Schon da hatte er überlegt, zu kündigen. "Für mich war Sky bislang immer eine Form der Gästepflege", sagt er. Doch den nötigen Umsatz könne er angesichts der Preise kaum erwirtschaften. Ähnlich denken Josef und Michael Kozulj, die den Gasthof Löhdorf betreiben. Sie sollten ab September rund 750 Euro bezahlen, statt wie bisher 485 Euro. Auch sie kündigten daraufhin das Abo.

"Sky hat eine Monopolstellung, da ist man als einzelner Gastwirt machtlos", klagt auch Volker Brandt, der an der Potsdamer Straße das Brandy's betreibt. Er will die Preiserhöhung noch einmal mitmachen, sagt aber ganz klar: "Das ist das letzte Mal." Vor zwei Jahren habe er noch 224 Euro pro Monat bezahlen müssen, in der vergangenen Saison seien es bereits 439 Euro gewesen, nun fordert Sky 640 Euro pro Monat. "Im Moment bleibt mir nicht mehr, als eine Faust in der Tasche zu machen und zu hoffen, dass mehr Leute kommen."

Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) kennt man die Klagen der Gastwirte. "Die Preiserhöhung trifft alle Wirte in Deutschland", sagt Christian Jäger, Geschäftsführer Dehoga Nordrhein. Er kritisiert: "Die Preiserhöhungen sind überall sehr drastisch, sie liegen in der Regel zwischen 40 und 50 Prozent." Viele Wirte würden über eine Kündigung nachdenken. Der Dehoga-Bundesverband befindet sich derzeit in Gesprächen mit Sky, doch ob sich dadurch etwas ändert, ist unklar. Christian Jäger rät den Wirten daher, genau zu prüfen, ob sich Sky für sie noch lohnt. Als Hilfestellung bietet der Dehoga NRW auf seiner Internetseite einen Sky-Rechner an, mit dem Wirte ihre Kosten und ihre nötigen Einnahmen kalkulieren können.

Michael Vollak hatte darauf keine Lust. Er hat Sky schon bei der Preiserhöhung vor der vergangenen Saison abbestellt, nachdem er für seine Gaststätte Dürpelstube an der Düsseldorfer Straße nahezu doppelt so viel für ein Abo bezahlen sollte. Ein Sky-Vertreter habe damals argumentiert, dass die Kosten für die Bundesliga-Rechte gestiegen seien. Doch für Privatleute gibt es von Sky gleichzeitig für 25 Euro ein Einstiegsangebot. Das ärgert Vollak: "Das passt nicht zusammen".

Es ist eine Vermutung, die viele Wirte teilen: Um mehr private Abonnements zu verkaufen, erhöhe Sky immer weiter die Preise für die Gastronomie, so dass immer weniger Gaststätten die Bundesliga zeigen. Auch Dehoga-Geschäftsführer Christian Jäger sagt: "Dieser Verdacht liegt natürlich nahe". Sky bestreitet diesen Vorwurf jedoch. "Für uns sind beide Kundengruppen wichtig", sagt eine Sky-Sprecherin, die darauf verweist, dass die Kundenzahlen sowohl im privaten Bereich als auch bei den Sportsbars zuletzt gestiegen seien.

Vielmehr sei es so, dass die Kosten für Übertragungsrechte ebenso gestiegen seien wie die Produktionskosten. "Wir sind ein börsennotiertes Unternehmen, das ein Produkt vertreibt. Wenn unsere Kosten für dieses Produkt steigen, müssen wir das zum Teil auch auf unsere Kunden umlegen", sagt die Sprecherin. Und dafür bekämen die Kunden laut Sky ja nicht nur die Bundesliga, sondern auch andere Sportarten.

Die Solinger Wirte können darüber nur müde lächeln. "Ich kenne keinen, der in die Kneipe geht, um Golf zu gucken und dabei zehn Bier trinkt", sagt Miro Jelic. Auch Tennis und Formel 1 sind für die Gaststätten in Solingen eher uninteressant. Was zählt, ist der Fußball.

Natürlich, sagt Dürpelstuben-Wirt Michael Vollak, würde er seinen Gästen gerne wieder die Fußball-Bundesliga live zeigen. Immerhin seien viele Fans von Fortuna Düsseldorf, dem 1. FC Köln, Bayern München und anderen Vereinen: "Aber nicht zu diesen Preisen".

(RP)
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