Heimat genießen Der fast vergessene bergische Klassiker

Solingen · In der Kartoffel-Kiste in Höhrath wird der Pillekuchen klassisch und auch nach Art des Hauses mit Speckwürfeln und Schinkenstreifen zubereitet.

Heimat genießen: Der fast vergessene bergische Klassiker
Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Neben Sauerbraten vom Pferd und Forelle Müllerin gehört der Pillekuchen zu den absoluten Lieblingsgerichten der Gäste im Restaurant Kartoffel-Kiste in Solingens entlegenstem Stadtteil Höhrath. Dort hat der erfahrene Gastronom Klaus Dieter Land vor 33 Jahren das Restaurant übernommen, das damals noch "Zur Solinger Talsperre" hieß.

Seither konzentriert er sich mit seinem Team unter anderem auf fast vergessene bergische Küchenklassiker wie den Pillekuchen. Klassisch zubereitet besteht das sättigende Hauptgericht nur aus rohen Kartoffeln, Zwiebeln, Eiern, etwas Mehl für die Bindung und Gewürzen. "Ein Gast hatte die Idee, den Pillekuchen etwas deftiger zu servieren", erzählt Klaus Dieter Land. In der Küche wurde kurz experimentiert und am Ende schaffte es der "Pillekuchen Kartoffel-Kiste" auf die Speisekarte. Gewürfelter Räucherspeck zusammen mit gekochtem Schinken gibt ihm die richtige Würze.

Das deftige Gericht hat lange Tradition im Bergischen Land. "Des Morgens gegen 9 Uhr essen sie Erdäpfel, entweder zu Kuchen gebacken oder mit Wasser und Salz gekocht. Wenig ist des Brotes, welches sie dazu essen, und noch weniger der Butter", heißt es in einem Bericht über das Bergische Land aus dem Jahr 1803. Denn in dieser Zeit erwies sich der Anbau von Kartoffeln für die Kleinbauern der Region als wahrer Segen. Viele leckere Gerichte auf Kartoffelbasis ersetzten eintönige Speisen wie Brei aus gemahlenem Weizen oder Hafer.

Wenn Klaus Dieter Lands Ehefrau Renate den bergischen Pillekuchen zubereitet, geschieht das stets frisch. Erst wenn der Gast bestellt hat, werden die rohen, geschälten Kartoffeln grob gerieben. "Alle zwei bis drei Jahre brauche ich einem neuen Aufsatz für die Küchenmaschine", erzählt Renate Land und macht damit klar, wie oft sie das Gerät benutzt. Doch auch auf einer groben Reibe können die Kartoffeln von Hand zerkleinert werden. Wer viel Zeit hat, schneidet sie wie ganz früher üblich in dünne Stifte, ein wenig dicker als Streichhölzer. Das verlängert allerdings die Garzeit und hat sich in der Kartoffel-Kiste als wenig praktikabel erwiesen.

Die Kartoffeln sollten festkochend sein, Cilena, Hansa oder Arabella bieten sich an. Zerkleinert werden sie mit Eiern, den ebenfalls grob geriebenen Zwiebeln, den Gewürzen und etwas Mehl zu einem Teig verarbeitet, der dann mit oder ohne Speck und Schinken in der Pfanne knusprig ausgebraten wird. Renate Land verwendet Rapsöl, weil es wenig Eigengeschmack hat und die übrigen Zutaten so besser zur Geltung kommen. Zum Wenden der Kartoffelmasse dient Renate Land ein großer, flacher Topfdeckel. Nach dem Braten von beiden Seiten gleitet der goldbraune Kartoffelkuchen mühelos auf einen Servierteller. Heiß serviert und mit hausgemachtem Apfelkompott ist er eine vollwertige Mahlzeit.

"Wir bieten den Pillekuchen auch in der kleinen Variante an", berichtet Klaus Dieter Land. "Die meisten Gäste nehmen aber die große Portion und lassen sich im Zweifel lieber den Rest einpacken." Denn der Pillekuchen, so weiß der Höhrather Gastwirt, schmeckt Zuhause auch kalt noch ganz vorzüglich.

Das bergische Traditionsgericht passt gut zum Konzept der Kartoffelkiste, die auch Kartoffelsuppe, Reibekuchen, Kartoffelbrot mit Griebenschmalz oder Rösti mit Räucherlachs anbietet. Krimi- oder Knigge-Dinner sind darüber hinaus Veranstaltungen, mit denen die Eheleute Land mit Sohn Andre Seiffarth ihren Gästen immer wieder etwas Neues bieten.

"Ein reines Ausflugslokal wie früher sind wir schon lange nicht mehr", sagt Klaus Dieter Land, der früher vor allem auch auf die Teilnehmer von Bustouren zählen konnte. "Bus hier - Lokal auf, Bus weg - Lokal zu", diese Devise gehört lange der Vergangenheit an, so dass im Winter das Lokal nur am Wochenende öffnet. Doch inzwischen hat in der Kartoffel-Kiste die Frühjahrssaison angefangen, das Lokal öffnet mittwochs bis sonntags, um unter anderem den Gästen köstliche Pillekuchen zu servieren.

(aki)
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