Solingen Der Fluch des Denkmalschutzes

Solingen · Als sich die Stadt im Sommer 1984 entschied, das ehemalige Schulgebäude "Roter Esel" – gegen die Empfehlung des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege – in die Denkmalliste aufzunehmen, mag es um Landeszuschüsse gegangen sein – und niemand wird an die Probleme gedacht haben, die das rund 27 Jahre später verursachen könnte: Denn jetzt steht das Gebäude den Plänen eines möglichen Investors im Wege – und soll, wenn es nach der Stadt geht, schnellstmöglich von der Denkmalliste verschwinden. Das sieht die Politik allerdings anders und hat die Entscheidung erstmal vertagt.

Als sich die Stadt im Sommer 1984 entschied, das ehemalige Schulgebäude "Roter Esel" — gegen die Empfehlung des Rheinischen Amtes für Denkmalpflege — in die Denkmalliste aufzunehmen, mag es um Landeszuschüsse gegangen sein — und niemand wird an die Probleme gedacht haben, die das rund 27 Jahre später verursachen könnte: Denn jetzt steht das Gebäude den Plänen eines möglichen Investors im Wege — und soll, wenn es nach der Stadt geht, schnellstmöglich von der Denkmalliste verschwinden. Das sieht die Politik allerdings anders und hat die Entscheidung erstmal vertagt.

Nicht das einzige Denkmalschutz-Eigentor: Im November 2010 endeten die fast ein Jahrzehnt schwelenden Streitigkeiten der Stadt mit Siegfried Lapawa, dem Eigentümer des Gräfrather Bahnhofs, vor dem Verwaltungsgericht, wo der Unternehmer um die Aufhebung des Denkmalschutzes für das längst marode Gebäude stritt und gewann.

Die Stadt hatte das Gebäude verkauft — und dem Verfall des schützenswerten Denkmals ebenso zugesehen wie der Eigentümer. Von der unendlichen Geschichte rund um den Hedderich-Pavillon, der noch immer am Graf-Wilhelm-Platz vor sich hin modert, mag man schon fast nichts mehr lesen.

Jetzt ist ein neues Kapitel aufgeschlagen: Vorige Woche hat die Bezirksvertretung Gräfrath einem Antrag des Amtes für Denkmalpflege des Landschaftsverbands (LVR) zugestimmt, die alte Bäckerei, die sich ebenfalls in Lapawas Besitz befindet, unter Denkmalschutz zu stellen (wir berichteten). Immerhin, sagt er, habe sich die Stadt die vergangenen 25 Jahre nicht um das Gebäude gekümmert.

Es ist damit fortan eins von rund 1000 Baudenkmälern in Solingen: Kleine, wie die Fußbodenschmuckrosette in der evangelischen Stadtkirche am Fronhof, oder große wie Schloss Burg, die Hallenbäder an der Birkerstraße und in Ohligs oder die Loos'n Maschinn in Widdert.

Letztere wollte die Stadt einst gar nicht in die Denkmalliste aufnehmen und hatte schon eine Abrissgenehmigung erteilt, weiß Jens-Peter Foitzik von der Unteren Denkmalbehörde der Stadt. Die Eingabe eines Bürgers beim Rheinischen Amt für Denkmalpflege ließ die erteilte Abrissgenehmigung aber Makulatur werden: Die Loos'n Maschinn wurde restauriert und beherbergt heute Büros und Praxen.

Respekt vor der Substanz

Insgesamt, bedauert Foitzik, sei die Resonanz gegenüber Baudenkmälern heute nicht mehr so positiv, wie das noch in den 1980er und —90er Jahren der Fall war. "Da ist man behutsamer umgegangen und mit mehr Respekt vor der Substanz", meint er. Solingen hat aber nicht nur Baudenkmäler, sondern auch vier denkmalgeschützte Bereiche.

Dazu gehören ein Großteil des Gräfrather Ortskerns, Oberburg, die Hofschaft Dahl und der Walder Ortskern. "Wenn in diesen Bereichen bauliche Veränderungen anstehen, bedarf es einer denkmalrechtlichen Genehmigung."

Gibt es Streit darüber, ob ein Gebäude in die Denkmalliste aufgenommen wird oder nicht, muss laut Foitzik "Benehmen" zwischen den verschiedenen Stellen hergestellt werden. Neben der Unteren Denkmalbehörde (Stadt) und der Oberen Denkmalbehörde (Bezirksregierung) gibt es außerdem das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland.

"Wir stehen als unabhängiges Fachamt neben dieser Hierarchie", betont deren Amtsleiter Professor Udo Mainzer. Das LVR-Amt prüft die Schutzwürdigkeit, wenn von Eigentümern, Bürgern, von der Stadt oder über die Medien Hinweise darauf gegeben werden. "Zudem erfassen und bewerten wir permanent Gebäude."

Oberste Instanz für alle Entscheidungen um den Denkmalschutz ist das NRW-Ministerium für Städtebau. Es hat auch dafür gesorgt, dass der unter Denkmalschutz stehende Hedderich-Pavillon im Zuge des geplanten Hofgarten-Projekts abgetragen und an anderer Stelle im Stadtgebiet wieder aufgebaut werden muss.

(RP)
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